Werke von Jean-Luc Darbellay, Charles Koechlin, Stefan Wirth und Johannes Brahms
Constellations Ardentes
Olivier Darbellay (Horn), Noelle-Anne Darbellay (Violine, Viola), Benjamin Engeli (Klavier)
Wahrscheinlich war Johannes Brahms nicht der erste, der die bis dahin eher ungewöhnliche Besetzung Violine, Horn und Klavier zusammenbrachte. Sein Trio von 1865 hat jedoch derart überzeugend Maßstäbe gesetzt, dass seither ein eigenes Repertoire für diese Ensembleform entstanden ist. So präsent ist das Vorbild, dass es offenbar bis heute schwer vorstellbar ist, eine CD mit Violine, Horn und Klavier einzuspielen und dabei auf Brahms zu verzichten. Schade eigentlich, denn es gibt hinreichend (freilich meistens nicht so gute) Alternativen und von seinem op. 40 nun wirklich genügend Aufnahmen.
Auch die vorliegende CD, eingespielt von den Geschwistern Olivier Darbellay (Horn) und Noëlle-Anne Darbellay (Violine) sowie Benjamin Engeli am Klavier, bringt Brahms, und es ist leider nicht der stärkste Teil der Aufnahme. Etwas mulmig und indirekt ist das Klangbild, der erste Satz wird betont nüchtern gespielt, er fließt nicht romantisch, sondern stockt immer wieder. Wenig fröhlich, sondern hart und wütend kommt das Scherzo daher. Schöner gelingt der langsame Abschnitt, der zwar nicht so schwelgt wie in anderen Einspielungen, aber ein spannendes Misterioso bietet. Auch im abschließenden Allegro con brio gibt es schöne Gegensätze von Jagdgeschmetter und entrückten Momenten.
Weiter zu hören sind vier kurze Stücke vom Fauré-Schüler Charles Koechlin (1867-1950), die der französischen Spätromantik verpflichtet sind und für die Geige einen eher introvertierten, ruhigen Part vorsehen, während das Horn romantische Kantilenen zelebriert. Diese vier Stückchen werden auch auf anderen CDs gerne mit Brahms gekoppelt. Besonderheit hier: Der Geigenpart wird von einer Bratsche gespielt – eine Version, die sich Koechlin in reifen Jahren ausdachte.
Von größerem Repertoirewert sind die anderen Werke der Aufnahme, vor allem das Stück Ori von Jean-Luc Darbellay (*1946), dem Vater des ausführenden Geschwisterpaares: Das ist höchst expressive, aufwühlende Musik, die Tempi, Tonlagen und Lautstärken virtuos variiert und auch wunderbar entrückte, sphärische Momente enthält, in denen Klangfarben meisterhaft kombiniert werden. Das Horn formt gleichsam ein musikalisches Gravitationsfeld, in dem sich dann die Violine bewegt. Ori meint das Sternbild Orion.
Ebenfalls eine Entdeckung und noch experimenteller: Das Werk Lunules électriques des Schweizer Komponisten Stefan Wirth (*1975), der die Klänge von Horn und Violine gleichsam ungefiltert nebeneinander stellt, aufeinander prallen lässt, mit roher Kraft und zugleich Raffinesse. Tremoli, Flatterzunge, Überlagerung von Obertönen und Vokalisengesang gehören dazu.
Leider wollten die Herausgeber offenbar beim Booklet sparen, das sämtliche (kurze!) Texte nur in englischer Sprache enthält. Immerhin findet man eine (noch kürzere) deutsche Variante im Netz.
Johannes Killyen