Bartók, Béla / Victor Babin

Concertos for Two Pianos & Orchestra

Piano Duo Genova & Dimitrov, Bulgarian National Radio Symphony Orchestra, Ltg. Yordan Kamdzhalov

Rubrik: CDs
Verlag/Label: cpo 555 001-2
erschienen in: das Orchester 04/2017 , Seite 64

Sie wandeln auf berühmten Spuren. Das Besondere daran: Sie tun es als erste. Das Klavierduo Genova & Dimitrov hat jetzt die Ersteinspielung von Victor Babins Concerto No. 2 for 2 Pianos & Orchestra vorgelegt, das der Komponist selbst als kongenialer Klavierpartner seiner Ehefrau Viktoria Mikhailovna Vronskaya 1957 in Cleveland uraufführte. Da war der vielseitige Komponist, Pädagoge, Arrangeur und Pianist russischer Abstammung schon längst in Amerika zuhause und feierte mit Vronskaya als Klavierduo Vronsky & Babin Erfolge. Rund 60 Jahre später nun die Schatzhebung von Aglika Genova und Liuben Dimitrov gemeinsam mit dem Bulgarian National Radio Symphony Orchestra unter der Leitung von Yordan Kamdzhalov.
Sanft und weich wie warme Sommerregentropfen geben die Klaviere nach kurzer Orchestereinleitung einen Vorgeschmack auf etwas, woran sich der Hörer auch im weiteren Verlauf immer wieder erfreuen kann: samtene, unpathetische Poesie. Die lyrischen Passagen sind nicht in der Mehrzahl in diesem von Kraft gezeichneten Werk, aber nehmen durch die vier Pianistenhände vermittelt enorm gefangen. Oft jedoch müssen die beiden Tasteninstrumente unerschrocken Rhythmusszenarien meistern. Der zweite Satz erfordert ein beachtliches Durchhaltevermögen an motorischer Prägnanz. Eine kurze Erholung auf flächigem Streicher-Bläser-Grund wird im dritten Satz eingeräumt und endet in einer breit angelegten orchestralen Klangfläche. Hier zeigt das Orchester, zu welchem Farbenreichtum es fähig ist, fasziniert nicht nur durch die konsequent fortschreitenden Pianostimmen, sondern entwickelt mit seiner vorwärtstreibenden Energie eine ungemeine Sogkraft. Klaviersequenzen zwischen Monumentalität und Leichtfüßigkeit sind durchsetzt von mahnenden Bläserrufen, bevor der Satz vermeintlich elegisch ausklingt und dann doch noch einmal mit hämmernden Klavierklängen und Schlagwerk zum Schlussschwung ausholt.
Dass Babins Stück zusammen mit Bartóks Concerto for 2 Pianos, Percussion & Orchestra auf einer CD harmonisch Platz finden kann, liegt vielleicht an der rhythmischen Kraft, die den beiden Werken innewohnt und nicht zuletzt auf die Klaviere übertragen wird. Eine weitere Parallele: Die Uraufführung von Bartóks Werk, das ja ursprünglich eine Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug war, fand in dieser Fassung mit Orchester ebenfalls in Amerika statt. Auch hier übernahm der Komponist mit seiner Ehefrau in New York die Solistenparts.
Genova & Dimitrov lassen die Klavierlinie in der Einleitung zunächst aus tiefem Bassbereich bedeutungsvoll zu Paukenklängen aufsteigen, Tempo- und Dynamiksteigerungen werden organisch erreicht. Prächtige Klanggebilde bleiben später transparent – ob einzelne Bläserstimmen oder Klaviersequenzen, die perpetuum-mobile-artig dahinfließen. Dobri Paliev und Plamen Todorov lassen als präsente Solisten in einem großartigen Gefüge Pauken, Becken, Xylofon und Co behände und dynamisch fein ausdifferenziert sprechen.
Sabine Kreter