Karl Aage Rasmussen

Concertos: Alone & Together

Fredrik From/ Anne Søe (Violine), Alfredo Bernardini (Oboe), Athelas Sinfonietta Copenhagen, Concerto Copenhagen, Ltg. Magnus Fryklund

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Da Capo
erschienen in: das Orchester 02/2021 , Seite 71

Eine interessante Form des Neo-Barock stellt das Werk Karl Aage Rasmussens dar. Der 1947 geborene dänische Komponist kann als Exponent einer retrospektivischen Ästhetik verstanden werden, die man auch einfach als musikgeschichtlich informiert und verbindlich bezeichnen könnte. Ein Phänomen, das in Skandinavien viel präsenter ist als in den einstigen Zentren avantgardistischer Musik, wo sich die Wiederkehr tradierter Klangformen auf Umwegen verschämt vollzieht.
Die drei Konzerte dieser Veröffentlichung, die zwischen 1993 und 2018 entstanden, nehmen Bezug auf barocke Praktiken in fein gesetzten Kompressionen: konzertierende Verläufe, verflochten in Aktivitäten kleinteiliger, polygonaler Struktur, aber ohne Minimal-Music-Attitüde. In gegeneinander versetzten, oft kanonischen Klangzügen ergibt sich ein vielzelliger, lichter und kristalliner Habitus, der auch den Schematismen älterer neobarocker Provenienz fern ist.
„Rondo“, die Bezeichnung des letzten Satzes von Sinking Through the Dream Mirror für Violine und Kammerorchester von 1993, könnte als Ordnungsgröße für vieles von Rasmussen stehen. Quirlige, sich azentrisch zueinander verhaltende Rotationen von Vielstimmigkeit, wobei zwar das Soloinstrument das jeweils markanteste im Klanggeflecht ist, nicht aber in disparatem oder abgehobenem Kontrast zum Ripieno steht. Engführung auch bei den harmonischen Prozessen, die aus Verschlingungen und Schichtungen heraus in labiler Tonalität changieren.
Tonliche Farbigkeiten mit und auf den bewegten Oberflächen dieses dynamischen Geschehens sind bestens ausgehört. Dabei fällt ein Faible für sehr hoch liegende Akkordkomplexe und Stimmkreuzungen auf, die wie girlanden- oder schnörkelhafte Zierformen, wie klingende Rocaillen anmuten. Der ornamentale Reichtum entsteht aus der feingliedrigen, dünnkantigen schnellen Einzelstimmenführung, die temporäre Zentren in gläserner Körnigkeit bildet. Man könnte von apollinischer Dramatik reden – ganz leicht und blendhaft mit Eintrübungen als expressiven Einschlüssen.
Mit den Solisten Fredrik From (Barock-Violine), Alfredo Bernardini (Barock-Oboe) sowie Anne See (Violine) agieren ausgewiesene Musiker der Alten und Neuen Musik. Allesamt sind sie auch Exponenten des dänischen Musiklebens mit Anschluss an die zentralen Alte-Musik-Ensembles der südlich gelegenen Länder Mitteleuropas.
Magnus Fryklund als Dirigent hat dieser schillernden und transparenten Musik eine perfekte Klangfolie geschaffen: mit leuchtenden Farben der beiden dänischen Ensembles Concerto Copenhagen (für Alte Musik) und Athelas Sinfonietta Copenhagen (für Neue Musik). Die Solisten bieten eine plastische, dem Spielverlauf angemessen virtuose, schön artikulierte Gestaltung.
Bernhard Uske