Ciesla, Alexis

Concerto for Clarinets

in four movements for Clarinet Solo (+ optional Parts) and Piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Advance Music, Mainz 2014
erschienen in: das Orchester 05/2014 , Seite 73

Alexis Ciesla wird am Ende des Hefts als Klarinettist beschrieben, der sich „sehr für Pädagogik, Kammermusik, Improvisation und traditionelle Musik aus dem orientalischen Europa“ interessiere. Manches von dem findet sich in dem viersätzigen Werk wieder: Diesen Interessenlagen getreu ist es aus globalen Tanzmusikformen geboren. Das pädagogische Anliegen erweist sich im „Strickmuster“ tonaler Skalen einschließlich chromatischer Tonleiterpassagen und mannigfacher Akkordbrechungen, was auch ein etüdisches Akzentchen traditioneller Methodik aufscheinen lässt. Dies soll jedoch dem musikalischen Wert nicht am Zeug flicken.
Das Besondere dieser Komposition, oder soll man besser sagen: dieser vier Kompositionen, die sich jedoch wegen ihrer tänzerischen Gegensätze prima zu diesem Viererpaket zusammenfügen, das Besondere ist, dass im Idealfall satzbezogen vier Klarinettentypen dieses Konzert bestreiten sollten: B-Klarinette, Bassklarinette, Bassetthorn in F und Es-Klarinette. Dieses im „Einmann-Betrieb“ zu bewerkstelligen, dürfte am Ende eines Klarinettenstudiums am ehesten möglich sein. Eine weitere Variante wäre, dieses Konzert mit wechselnden klarinettenspezialisierten Personen, eventuell einschließlich „Wechselpianisten“ darzubieten. Für diesen Fall könnte man sich auch gut die Verwirklichung mit auf die instrumentalen Varianten hin projektgestählten Oberstufenschülern einer Musikschule vorstellen – ein Gag z.B. bei „Jugend musiziert“ wär’s allemal! Und schließlich gibt es auch die Möglichkeit, das Ganze ausschließlich mit B-Klarinette und Klavier aufzuführen. Allerdings würden dann die Anforderungen an den Klarinettisten von Satz zu Satz deutlich wechseln bis zur im 4. Satz häufig verlangten Wendigkeit im oberen dreigestrichenen Bereich bis zum c”” der B-Klarinette, was schon fast mehr als einen meisterhaften Instrumentalisten erfordert. Die dann für die B-Klarinette öfter erforderlichen Oktavierungsphasen samt Anpassungen davor bzw. danach bedeuten auch musikalisches Nachgeben gegenüber den originalen Versionen. Der Klavierpart ist ohne nennenswerte Schwierigkeitsgrad-Ausbrecher bei 4 bis 5 anzusiedeln.
Der erste Satz „Fantasia“ (B-Klarinette) stellt eine lateinamerikanische Rumba-Samba-verwandte „Carioca“ dar im 4/4-, besser 8/8-Takt. Das bassklarinettistische zweite Movement ist eine Habañera mit einem etwas rascheren Mittelteil (Viertel = 62), der in einen ausnotierten Impro-Stil gleitet, um auf den strengeren Anfangsteil plus Coda zurückzukommen. Das 3/4-Scherzo mit Raumangebot ad libitum zur zweifachen Bläser-Impro, einmal davon als Kadenz, mündet in eine Jazz-Waltz-ähnliche Phase, die sich mehr und mehr in Triolen beschleunigt und in einer bassethorn-virtuosen Stretta endet. Der Biss der Tarantula-Spinne wird mit der Es-Klarinette im 4. Satz treffend symbolisiert. Im eher ungewöhnlichen 12/8-Takt jagt dieser temperamentvolle Schlussteil außer einem kleinen „Verschnauf“-Andante-rubato samt notierter ad-libitum-Kadenz über einen ff-Schluss hinein in die Stille. In der B-Klarinettenfassung ist es gelegentlich zum Zähne-Ausbeißen für den Holzbläser, pädagogisch ein Schub in Höhensicherheit. Mit den Original­instrumenten gespielt gibt dieses Concerto eine wirkungsvolle Demonstration klarinettistischer Klangweite.
Maximilian Schnurrer