Mieczysław Weinberg
Concertino for cello and string orchestra op. 43 / Concertino for violin and string orchestra op. 42 / Rhapsody on Moldavian Themes op. 47/ Symphony No. 7 op. 81
Tassilo Probst (Violine), Wen-Sinn Yang (Cello), Andreas Skouras (Cembalo), Jewish Chamber Orchestra Munich, Ltg. Daniel Grossmann
Einer jüdisch-ungarischen Familie entsprossen, macht es sich der Münchner Dirigent Daniel Grossmann zur Aufgabe, unterschiedliche Aspekte jüdischer Kultur im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gegenwart zum Klingen zu bringen. Das 2005 von ihm ins Leben gerufene Jewish Chamber Orchestra Munich wurde längst zum Medium vorurteilslosen Zuhörens.
Als Leiter dieses einzigen thematisch ausgerichteten Orchesters der Welt, gewandter Redner und leidenschaftlicher Spurensucher geht es ihm vor allem darum, vergessenen, verdrängten oder totgeschwiegenen jüdischen Komponisten des 20. Jahrhunderts Gehör zu verschaffen. Wobei ihm das Lebenswerk des 1919 in Warschau geborenen, 1939/41 über Minsk und Taschkent nach Moskau geflohenen, vom sowjetischen Komponistenverband als „Formalist“ gerügten, vom KGB bedrohten, 1996 in Moskau verstorbenen Polen Mieczysław Weinberg besonders am Herzen liegt.
Die Fluchterfahrungen, die Ermordung seiner Eltern und Schwester, der von der Moskauer Geheimpolizei herbeigeführte Unfalltod des Schwiegervaters, die Beschattung und ständige Angst vor Verhaftung verwundeten ihn zutiefst. Auch wenn sich im Kopfsatz seines Concertinos für Violine und Streichorchester op. 42 (1948) Melancholie und Beschwingtheit die Waage halten – im Mittelsatz offenbaren sich Einsamkeit und Daseinstrauer unverhüllt.
Kurz danach entstand das Concertino für Violoncello und Orchester op. 43, eine Frühfassung des späteren Cellokonzerts, welche die angedeuteten Widrigkeiten noch krasser spiegelt. Nach einem schwermütigen Adagio bringt der Mittelsatz „die Gräuel in Weinbergs Leben“ (Daniel Grossmann) unverhüllt zum Ausdruck. Der finale Kehraus, an Schostakowitsch erinnernd, changiert zwischen Ausgelassenheit und Tristesse, Übermut und Sarkasmus.
Weinbergs 1964 entstandene siebte Symphonie in C op. 81 für Cembalo und Streichorchester (dem Dirigenten Rudolf Barschai gewidmet, der sie in Moskau uraufführte) huldigt dem barocken Concerto grosso.
Schon 1949, als der Sowjetische Komponistenverband seine Mitglieder auf die Musik der verschiedenen Volksgruppen Russlands verwies, entstand Weinbergs Rhapsodie über Moldawische Themen op. 47/3. Ihre Aufführung mit dem Geiger David Oistrach und dem Komponisten am Flügel brachte diesen unter fadenscheinigem Vorwand noch kurz vor Stalins Tod in Haft.
Karg ausgestattet, doch künstlerisch und tontechnisch untadelig, vermittelt die CD-Edition ein umfassendes Hörerlebnis, das den leidgeprüften Komponisten wesenhaft abbildet.
Lutz Lesle