Ferdinand David

Concertino Es-Dur op. 4

für Posaune und Orchester, Urtext, hg. von Sebastian Krause, Klavierauszug

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Henle
erschienen in: das Orchester 10/22 , Seite 64

Der in München ansässige Henle-Verlag hat sich in den vergangenen Jahren verdienstvollerweise darum bemüht, selten gespielte Werke, die oft nur fachlich interessierten Musikerinnen und Musikern bekannt sein dürften, in gründlicher und wohldurchdachter Ausgabe frisch herauszugeben. Es ist immer wieder eine besondere Freude, die Werke in gut leserlicher Form, sorgfältig recherchiert und gründlich dokumentiert vorliegen zu haben – für den ausübenden Musiker ein unschätzbarer Gewinn.
Ferdinand David (1810-1873) – vom damaligen Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy 1836 als Konzertmeister an das Gewandhausorchester nach Leipzig geholt und Mitglied des Orchesters bis zu seinem Tod – hat als Geiger überwiegend Musik für Violine geschrieben. Einziger Ausreißer – neben zwei Sinfonien und einer Oper, von denen es aber leider keine Aufzeichnungen mehr gibt (die Oper soll David nach der Uraufführung „scheußlich“ genannt und dann selbst vernichtet haben) – ist das Concertino für Posaune Es-Dur op. 4, sein heute meistgespieltes Werk, zu dessen Entstehung eigentümliche Umstände beigetragen haben.
Der Solist der Uraufführung, Carl Traugott Queisser, war Kollege im Gewandhausorchester sowie Solobratscher im Gewandhaus-Quartett (wo David die erste Geige spielte) – gleichzeitig war Queisser aber auch ein hoch anerkannter Posaunensolist. Da er mit David befreundet war, kam es dazu, dass der auch komponierende Violinist ein Solostück für Posaune schrieb. So sind wohl die Hintergründe der Entstehung dieses Concertinos zu verstehen. Für Posaunist:innen ist das „David Konzert“ eines der zentralen Stücke, sei es bei Probespielen, bei Hochschulexamina oder in Wettbewerben.
Der wie gewohnt gut leserliche Druck des Henle-Verlags erleichtert es den Ausführenden, sich ungestört auf die Musik zu konzentrieren. Besonders positiv fällt hier der ausführliche Revisionsbericht (Vorwort; Bemerkungen) von Sebastian Krause ins Auge, der nicht nur trockene historische Fakten aufzählt, sondern zudem mit dem Wissen eines Posaunisten das Wie und Warum der jeweiligen Entscheidung zum Notentext und zum Klavierauszug wohlbegründet erklärt.
Das alles geschieht mit umfassenden Bemerkungen zum historischen Umfeld sowie zu den damals gebräuchlichen Instrumenten. Dadurch bekommt man einen Einblick, wie im 19. Jahrhundert mit­einander musiziert wurde, wo und mit wem damals in Leipzig musikalisch gearbeitet wurde. Die gründlichen Details, die hier aufgeführt sind, lassen Leser:innen und Musikinteressierte mit Freude im Text stöbern. Und, wie der Rezensent selbst bekennen darf, erweitern sie den allgemeinen Horizont um ein Beträchtliches. Somit mag diese Ausgabe mehr sein als nur Arbeitsmaterial für Posaunist:innen.
Peter Hoefs