Prinz Johann Ernst von Sachsen-Weimar

Concerti

Thüringer Bach Collegium

Rubrik: CD
Verlag/Label: Audite
erschienen in: das Orchester 11/2019 , Seite 67

Die Musikgeschichte des Barocks ist überreich an großartiger Musik und an spannenden, nicht selten auch anrührenden Biografien. Und die betreffen nicht nur die berühmten Meister der Zeit, sondern auch die weniger bekannten Musiker, besonders wenn sich deren We­ge mit denen der legendären Figuren der barocken Tonkunst kreuzten.
Das gilt nicht zuletzt für Schaffen und Schicksal des 1696 geborenen Prinzen Johann Ernst von Sachsen-Weimar, der sich früh und mit Begeisterung der Tonkunst widmete. In Weimar hatte der Prinz natürlich auch Kontakt mit dem damaligen Hoforganisten und späteren Konzertmeister am Hofe – und das war seit 1708 niemand anderes als Johann Sebastian Bach. Dieser muss die Kompositionen des jungen Prinzen geschätzt haben, denn vier Violinkonzerte Johann Ernsts arbeitete Bach zu Konzerten für Orgel und Cembalo um. Bachs Vetter Johann Gottfried Walther war übrigens der Lehrer des Adelssprosses.
Mit Bach teilte der junge Prinz seine Begeisterung für Antonio Vivaldi, denn dessen Violinkonzerte liefern für Johann Ernst das Vorbild. Leider wurde der Prinz schon mit 17 Jahren von einem Geschwulst am Bein befallen. Er kurte in Hessen – und traf in Frankfurt auf Georg Philipp Telemann. Die Krankheit verschlimmerte sich aber – und in der Mainmetropole starb Prinz Johann Ernst dann am 1. August 1715 mit erst 18 Jahren. Sein Freund Telemann gab nach Johann Ernsts Tod sechs Violinkonzerte in einem prächtigen Druck heraus.
Diese sechs Violinkonzerte, zwei weitere aus anderen Quellen, ein Doppelkonzert für zwei Violinen und ein Trompetenkonzert, dessen Zuschreibung nicht ganz sicher ist, hat das Thüringer Bach Collegium mit Gernot Süßmuth als Solist und Leiter nun eingespielt. Es ist eine Musik von lauterer Schönheit. Und wie Vivaldi natürlich nicht 440 Mal das gleiche Konzert geschrieben hat, wie Strawinsky spöttisch meinte, komponierte auch Prinz Johann Ernst angenehm vielfältig, was die vorliegende CD erst recht zu einem Hörvergnügen macht.
Gernot Süßmuth, Konzertmeister der Staatskapelle Weimar, Professor an der dortigen Musikhochschule und ehedem auch oft am ersten Pult bei Helmuth Rillings Ensembles, spielt in dem 2018 von ihm gegründeten Ensemble mit anerkannten Kollegen auf alten Instrumenten und in bester, das heißt lebendigster und frischester historischer Aufführungspraxis. Der Klang ist klar und luftig, die Artikulation immer prägnant und die Gangart sehr impulsiv, aber nie aufgeregt. Das Spiel des Thüringer Bach Collegiums ist höchst kultiviert und animierend, mit virtuoser Brillanz agiert Gernot Süßmuth als Sologeiger.
Er hat auch das nicht mehr im Original überlieferte Doppelkonzert C-Dur nach Bachs Bearbeitung rekonstruiert und hier mit David Castro-Balbi als zweitem Solisten eingespielt. Solo-Trompeter ist Rupprecht Drees.
Karl Georg Berg