Liszt, Franz / Johann Sebastian Bach / Igor Strawinsky

Concerti II

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Neos 21302
erschienen in: das Orchester 06/2014 , Seite 71

Bereits auf der CD Concerti I präsentierte das GrauSchumacher Piano Duo ein durchdachtes Programmkonzept. Auf der zweiten CD der Serie bereichert es die Literatur für zwei Klaviere nun sogar mit einem veritablen Konzert mit Orchester: Franz Liszts Concerto pathétique, ursprünglich für zwei Klaviere ausgeführt und auf Concerto I bereits so eingespielt, wurde dafür vom Komponisten Stefan Heucke (geb. 1956) um Instrumentalstimmen erweitert.
Die Solopartien blieben weitgehend unangetastet, nur eine große Kadenz wurde dem Werk neu eingefügt. Sicher ein Stilbruch, aber eben gut und wirkungssicher komponiert. Auch die Orchesterstimmen wurden vom Bearbeiter sorgfältig durchdacht, wobei Heucke sehr geschickt Liszt’sche Effekte mit der eigenen Tonsprache verbindet. Mal wird die Begleitung verdichtet, verdunkelt oder in den Streichern elitär ausgeleuchtet, mal sind für Solo-Violine oder Flöte Partien im romantischen Idiom nachkomponiert. Das Ergebnis überzeugt auf ganzer Linie. Dass sich das 23-minütige Liszt-Heucke-Doppelkonzert (2008) auch live durchsetzt, wäre also zu wünschen.
Das renommierte Klavierduo spielt es auf dieser CD jedenfalls hochkarätig ein, klangvoll begleitet vom Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter dem Briten Martyn Brabbins. Dabei finden die beiden Pianisten zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen dem im Werktitel angedeuteten Pathos und einer strukturell-nüchternen Durchleuchtung der Partitur.
Die ganze Vielfalt des Klavierduo-Spiels zeigen auch die beiden anderen Werke der CD: Johann Sebastian Bachs Doppelkonzert BWV 1061 sowie Igor Strawinskys Concerto per due pianoforti soli (1935). Bei Bach gefällt zunächst die flüssig-temporeiche Darbietung der Außensätze. Nahtlos
sind die Verzierungen in die Klavierparts eingebunden, wobei auf allzu große „Klangrhetorik“ verzichtet wird. Artikulatorische Entdeckungen im Stile einer irgendwie historisch informierten Aufführungspraxis hält dieser Bach jedenfalls nicht bereit. Umso schöner funktioniert diese Interpreta-
tionshaltung im mittleren Adagio, das über dem stets bewegten Grund in mildes Licht getaucht wird. Die Fusion der beiden Klavierparts ist stets erstaunlich. Man vermutet wirklich nur einen Spieler.
Bei Strawinsky beeindruckt neben der technischen Souveränität wiederum die insgesamt gerundete Werksicht. Das heißt, auch hier stechen Akzente nie knallig hervor, sondern es herrscht eine direkte, doch stets vornehme Gangart (auch was die Dynamik betrifft). So kommt der „Neoklassiker“ Strawinsky umso deutlicher zum Vorschein.
Entstanden sind die Aufnahmen November/Dezember 2011 in der Berliner Jesus Christus Kirche. Wie das beteiligte Orchester vermuten lässt, handelt es sich um eine Koproduktion mit Deutschlandradio. Die CD erschien jedoch erst im Februar 2014.
Matthias Corvin