Werke von Georg Philipp Telemann, Giovanni Benedetto Platti, Antonio Vivaldi und Francesco Geminiani
Concerti All’Arrabbiata
Freiburger Barockorchester, Ltg. Gottfried von der Goltz
Wie bei vielen anderen freien Ensembles wurden auch beim Freiburger Barockorchester in den zwei Jahren Coronapandemie eine Vielzahl von musikalischen Projekten abgesagt. Wirtschaftlich ist das Orchester aber dank eines treuen Publikums, zahlreicher Spenden und staatlicher Unterstützung bislang relativ gut durch die Pandemie gekommen. Die Zeit nutzte man neben Streamingkonzerten und besonderen, pandemiegerechten Konzertformaten auch für etliche CD-Aufnahmen, die nach und nach veröffentlicht werden.
Die Concerti All’Arrabbiata wurden Ende Oktober 2020 – kurz vor dem zweiten Lockdown – im Freiburger Ensemblehaus aufgenommen. Sie bieten vielen Orchestermitgliedern die Möglichkeit, sich solistisch zu zeigen. In Georg Philipp Telemanns Concerto in D-Dur für zwei Hörner und Streicher glänzen die Hornisten Gijs Laceulle und Ricardo Rodríguez mit ihrem farbigen, sehr beweglichen Spiel. Der mal gestopfte, mal offene, zarte oder geschmetterte Klang der Naturhörner gibt der Interpretation die richtige Schärfe, die auf dem Cover der CD durch einen Löffel Chilipulver schon verbildlicht angekündigt ist.
Ann-Kathrin Brüggemann, die langjährige Solo-Oboistin des Freiburger Barockorchesters, veredelt das Oboenkonzert in g-Moll von Giovanni Benedetto Platti mit ihrem freien Spiel und ihrer Musikalität. Wie eine Sängerin lässt sie im erzählerischen Largo ihren geraden Ton mit Vibrato aufblühen. Die Streicher schaffen mit ihren kurzen, geschärften Begleitachteln eine kühle Gegenwelt zu dieser Emotionalität.
Von den historischen Holzblasinstrumenten ist das Fagott klanglich am beschränktesten. Umso erstaunlicher, welche Wärme und Expressivität Javier Zafra in Antonio Vivaldis Konzert in Es-Dur RV 483 mit dem Barockfagott entwickeln kann, zum Beispiel im hochemotionalen Larghetto. Auch die Virtuosität in den Außensätzen ist bei dem erfahrenen spanischen Fagottisten gut aufgehoben. Georg Philipp Telemanns „Grillen-Symphonie“ bringt eine komische Note in die Concerti All’Arrabbiata hinein, wenn die flink rumpelnden Kontrabässe
(Dane Roberts, James Munro) in Kontakt treten mit den zarten Holzbläsern (Piccolo: Daniela Lieb, Chalumeau: Lorenzo Coppola, Oboe: Anne-Kathrin Brüggemann).
Mit dem Concerto Grosso d-Moll „La Follia“ von Francesco Geminiani erreicht das Album seinen Höhepunkt. Große Variationskunst, leidenschaftlich in Szene gesetzt vom auch im 35. Jahr seines Bestehens immer noch vitalen, wachen Freiburger Barockorchester. Da liefert sich Konzertmeister Gottfried von der Goltz ein packendes Duell mit dem Solocellisten Stefan Mühleisen, da vereinen sich die Streichergruppen zu ganz homogenen, schlagkräftigen Teams, die das Geschehen immer wieder anheizen. Heiß und kalt, scharf und mild, berauschend und beruhigend wechseln sich bei diesem Concerto Grosso ab. Das Freiburger Barockorchester macht daraus ein packendes Hörerlebnis.
Georg Rudiger