Werke von Saint-Saëns, Baermann, Ponchielli, Bizet, Prokofjew und Gershwin
Concertante for two clarinets
Duo Gurfinkel, Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus, Ltg. Evan Alexis Christ
Es scheint eine genealogische Eigenart der Klarinette zu sein, dass sie ihre Meister zur Dynastienbildung verführt. Das galt schon für den Wiener Anton Stadler, dem die Welt Mozarts Solokonzert und Klarinettenquintett verdankt, und dessen Sohn. Wenig später glänzten
die Baermanns in München. Vater Heinrich war der Adressat fast aller Klarinettenwerke Webers. Das Duo Concertant seines Sohns Carl wurde zum Paradestück der Epoche.
Heute huldigen die Zwillinge Gurfinkel aus Israel der Familientradition in dritter Generation. Großvater Arkady begründete sie, Vater Michael – Solo-Klarinettist des Israel Symphony Orchestra – setzte sie virtuos fort. 1992 geboren, zählen Daniel und Alexander bereits zur Crème der Klarinettisten russisch-jüdischer Abstammung, die sich sowohl im Jazz und Klezmer als auch in der komponierten Musik des 20. Jahrhunderts stilprägend hervortaten. Man denke nur an Benny Goodman oder Giora Feidman.
Im Bestreben, dem Mangel an inspirierender Literatur für zwei Klarinetten abzuhelfen, entstanden im 19. und 20. Jahrhundert etliche Bearbeitungen beliebter Kammermusik und Orchesterwerke. Allen voran Gershwins Rhapsodie in Blue, deren jazziges Glissando einem Probenscherz des Klarinettisten Ross Gorman entsprungen sein soll. Die Fantasy on the theme of Rhapsodie in Blue arrangierte Alexander Povolotsky für zwei Klarinetten und Sinfonieorchester – ein Brudertanz auf allen Klappen, mit dem das Duo Gurfinkel sein zündendes Programm beifalltreibend beschließt.
Mit Introduction et Rondo capriccioso a‑Moll von Camille Saint-Saëns (1863) – im Original für Solovioline und Orchester, nun mit zwei Klarinetten – verschaffen sich die Zwillingsbrüder einen pikanten Einstieg: spritziger Refrain, lyrisch getönte Couplets. Selbst für Literaturkenner dürfte das Divertimento Il Convegno op. 76 für zwei Klarinetten und Klavier des Verdi-Zeitgenossen Amilcare Ponchielli – hier in Orchesterfassung – eine Entdeckung sein: Szenen einer Paarbeziehung, ein Wechselbad aus Liebelei und Gemurre mit Happy End.
Gleichermaßen gemütsbewegend und aufputschend alsdann Bizets Carmen-Phantasie mit Habanera, Seguidilla und Todeslied, wiederum arrangiert für zwei Klarinetten und Orchester. Zudem eine der drei Suiten, die Sergej Prokofjew aus seiner Ballettmusik zu Shakespeares Trauerspiel Romeo und Jula kelterte – auch sie auf zwei Klarinetten projiziert von dem 1972 geborenen israelischen Komponisten Eugene Levitas, der schon Baermann und Bizet gewitzt bearbeitete.
Unter der elektrisierenden Leitung von Evan Alexis Christ trägt und umschwärmt das glänzend aufgelegte Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus die begnadeten Klarinettenbrüder, die Zubin Mehta schon als Zwölfjährige entdeckte. Ein verheißungsvolles CD-Debüt!
Lutz Lesle