Robert Schumann

Concertant

Matthias Kirschnereit (Klavier), Konzerthausorchester Berlin, Ltg. Jan Willem de Vriend

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Berlin Classics
erschienen in: das Orchester 06/2019 , Seite 67

Robert Schumann, der schon in jungen Jahren versuchte, Klavierkonzerte zu komponieren, doch seine Projekte aus den 1820er und 1830er Jahren stets unfertig abbrach, merkte schon bald, dass er andere Wege einschlagen sollte: „Man müsste auf eine Gattung sinnen, die aus einem größeren Satz in einem mäßigen Tempo bestände, in der der vorbereitende Teil die Stelle eines ersten Allegros, die Gesang-stelle die des Adagios und ein brillanter Schluss die des Rondos verträten“, heißt es in einer seiner 1836 erschienenen Klaviermusik-Rezensionen.
Eben diesem damals formulierten Programm folgte Schumann mit der 1841 entstandenen Fantasie in a-Moll für Klavier und Orchester, die er 1845 trotzdem zum dreisätzigen Klavierkonzert op. 54 ergänzte, weil die musikalische Öffentlichkeit und die Verleger sich nicht aufgeschlossen für Schumanns neue Formideen zeigten. Und dies gilt bis heute: Seine zwei weiteren einsätzigen Kompositionen für Klavier und Orchester, Introduktion und Allegro appassionato op. 92 und das Konzert-Allegro mit Introduktion op. 134, sind Stiefkinder der Aufführungspraxis geblieben.
Die beiden letztgenannten Werke stehen im Zentrum der vorliegenden Neueinspielung mit dem Pianisten Matthias Kirschnereit und dem Konzerthausorchester Berlin unter Leitung von Jan Willem de Vriend.
Solist und Orchester lassen ihre Zusammenarbeit zum beredten Plädoyer für Schumanns vernachlässigte einteilige Konzertstücke werden. Wunderbar verweben sich bei op. 92 anfangs die Arpeggien des Klaviers mit den Melodien solistisch heraustretender Orchester-instrumente zu einer Kammermusik für Klavier und Bläser. Aus diesem filigranen Beginn löst sich das von Fanfarenklängen eingeleitete Allegro: drängender und stürmischer vorwärtsgehend, doch unter Matthias Kirschnereits Händen im Solopart nicht weniger schwärmerisch getönt als der Einleitungsteil.
Dem Spätwerk Schumanns (wenn man diesen Begriff für die Musik eines damals 43-Jährigen verwenden kann) gehört op. 134 an: mit seiner Tendenz zum gemessenen Tempo und zur Massivität des Klangs, doch auch, was besonders den Klavierpart betrifft, mit der Neigung, sich wie selbstvergessen in den kurzen lyrischen Seitengedanken hineinzuversenken.
Das bekannte Klavierkonzert in a-Moll fungiert nach diesen beiden Konzertstücken gleichsam als willkommene Zugabe, die in vertrautere Gefilde zurückführt. Eine Kuriosität rundet – als Einstiegsnummer – die Einspielung ab: Schumanns Konzertstück op. 86 in einer zu Schumanns Zeit von unbekannter Hand erstellten Fassung für Klavier und Orchester. So wunderbar poetisch zart der langsame Mittelteil des Werks in der Klavierversion auch klingt: In den schnelleren Abschnitten wirkt das Tasteninstrument doch nur wie eine Ersatzlösung. Man vermisst schmerzlich den schmetternden Klang der vier solistischen Hörner, besonders in den im Original so überwältigenden Einleitungstakten.
Gerhard Dietel