Giovanni Battista Viotti
Complete String Quartets
Viotti String Quartet
Eine zauberhafte Musik, die relativ unbekannten Streichquartette von Giovanni Battista Viotti, dessen Namen man hauptsächlich von seinen 29 Violinkonzerten her kennt. Vergangenes Jahr spielte sie das Viotti String Quartet mit wechselnden Geigern ein.
Indes führt die Bezeichnung „complete“ in die Irre. Vorliegend sind lediglich die beiden Opera 1 und 3 aus den 1780er Jahren mit den jeweils sechs nur zwei- bis dreisätzigen Kompositionen sowie die drei Quartetti concertante ohne Opuszahl, die rückläufig und jeweils am Anfang der drei von den vier CDs erklingen. Zu Beginn der vierten CD ist das dreisätzige Quartetto e‑Moll zu hören: eine Bearbeitung des Violinkonzerts Nr. 18 e‑Moll aus dem Jahr 1791, welches Viotti etwa 1818 für Streichquartett einrichtete.
Laut der oft widersprüchlichen Werkverzeichnisse – eine Viotti-Forschung scheint hier noch in den Kinderschuhen zu stecken – fehlen demnach mindestens die drei Concertante Streichquartette op. 22, die laut italienisch-englischem Booklet auch als Flötenquartette existieren, sowie die mit dem Untertitel „Airs connus et variés“ op. 23 versehenen sechs Streichquartette, deren Zuschreibung zu Viotti indes unsicher ist. Und nicht zuletzt fehlen mindestens vier weitere Bearbeitungen anderer Werke für zwei Violinen, Viola und Violoncello, darunter die des Violinkonzerts Nr. 18 g‑Moll.
Dessen ungeachtet versprühen die eingespielten Werke eine typische italienische Leichtigkeit, Frische und Unverbrauchtheit. Bereits die jeweiligen vielsagenden Titel Concertante in Opus 3 und in denjenigen ohne Opus- zahl zielen auf mitreißenden Schwung, Virtuosität und Lebendigkeit, also Eigenschaften, die auch Viottis Violinkonzerte im höchsten Maß besitzen.
Diese sind insbesondere auf die Kopfsätze gemünzt, welche oft von größerer Ausdehnung sind. Dafür sind die langsameren Sätze zum Teil wesentlich kürzer oder erst gar nicht vorhanden wie in manchen, recht liebenswürdig und gefällig klingenden, divertimentohaften Quartetten op. 1 im Stile eines mittleren Mozarts. Darunter findet sich auch ein Variationensatz, Sätze mit sehr starken Einflüssen Haydns, oft mit einem Obligaten Accompagnement oder mit dialogischen Passagen versehen.
Die Quartette op. 3 unterscheiden sich vom Charakter her kaum, werden mit fortlaufender Nummer eher mozartischer mit zum Teil viel vorwärtsdrängendem Temperament, was das Ensemble stets bestens mit Verve und großem Elan umsetzt: eine bereichernde Freude und vergnügliche Kurzweil, ihm zuzuhören. Störend wirkt vielleicht einzig der überdimensionale und für die kleine Besetzung unangebrachte Hall.
Insbesondere wird – wie sonst auch für einen komponierenden Geiger – die konzertierende Primgeige zeitweise virtuos gefordert, gerade im e‑Moll-Werk als besetzungsreduziertes Violinkonzert. Die übrigen drei Werke ohne Opuszahl aus dem Jahr 1817 sind durchgehend viersätzig und von größerem, etwa Beethoven’schem Ausmaß und wirken insgesamt reifer, ohne aber ihre Leichtigkeit zu verleugnen.
Werner Bodendorff