Wolfgang Amadeus Mozart
Complete Divertimenti & Serenades
Kurpfälzisches Kammerorchester Mannheim, Ltg. Florian Heyerick und Jiri Malát; Neues Bachisches Collegium Musicum, Ltg. Burkhard Glaetzner; Czech Chamber Orchestra Philharmonic Orchestra Pardubice, Ltg. Vahan Mardirossian; Amati Chamber Orchestra, Ltg. Gil Sharon
Es gibt nichts Neues unter der Sonne, so steht es schon in der Bibel, und leider wird in Zeiten, da fast alles überall und jederzeit zur Verfügung steht, vieles auch sehr schnell langweilig. Das Internet hat unsere Seh- und Hörgewohnheiten unleugbar verändert. Wer im Zeitalter vor WLAN und heutigen Streaming-Diensten nicht alles zuhause im Schrank hatte, dem taten sich immer wieder Lücken auf, die ihn oder sie auf die Suche schickten: von Plattenladen zu Plattenladen, von Antiquariat zu Antiquariat, von Bekannten zu Freunden und Leihbibliotheken. Der Fachhandel, den es heute außerhalb des Web kaum noch gibt, konnte vieles besorgen, wenn auch nicht immer alles. „Complete“-Boxen waren daher auch für jene Kenner gelegentlich von Interesse, die oft einem besonderen Stück, einer ungewöhnlichen Aufnahme, einer Rarität auf der Spur waren.
Das alles ist längst nicht mehr nötig. Für 99 Cent bekommt man heute das Gewünschte via Satellit oder als Hardware frei Haus geliefert und muss dazu nicht einmal mehr das Sofa verlassen. Wer kein Neuling in der klassischen Musik ist, den kann Mozart beispielsweise kaum noch überraschen. Sämtliche Serenaden und Divertimenti etwa, 22 Werke mit zirka neuneinhalb Stunden Spielzeit auf neun CDs in einer Box: alles in Aufnahmen, die zwischen 1986 bis 2002 entstanden. Wozu?
Für wen wird das heute noch veröffentlicht? Als Notreserve für Tage, an denen das Internet zusammengebrochen ist? Oder für die Kiste mit Musik auf der einsamen Insel, wo man dann nur noch einen CD-Player braucht (den manche auch zuhause schon gar nicht mehr besitzen)? Resteverwertung folgt auf den Ausverkauf des kompletten Markts, das machen solche Publikationen leider mehr als deutlich.
Brilliant Classic ist seit Jahrzehnten darauf spezialisiert und bietet von fast allen gängigen Komponisten zwischen Claudio Monteverdi und Hanns Eisler CD-Boxen mit allen wichtigen Werken an: Mit 170 CDs brachte man schon vor 20 Jahren den kompletten Mozart auf den Ladentisch. Immer mit älteren Aufnahmen unterschiedlicher Ensembles, die sich im Sortiment sonst kaum noch einzeln verkaufen lassen. Es ist nicht gesagt, dass sich darunter nicht doch auch die eine oder andere alte Perle finden lässt. Aber das ist reiner Zufall.
Ein Produkt also für völlige Neulinge oder für Nostalgiker, das im Schrank gut neben die Gesamtausgabe von Schillers Werken passt – weil es die gleiche Farbe hat.
Matthias Roth