Dmitri Shostakovich
Complete Chamber Music for Piano and Strings
DSCH – Shostakovich Ensemble
Das als solches noch nicht besonders breit bekannte, im Jahre 2006 von dem portugiesischen Pianisten Filipe Pinto-Ribeiro in Lissabon gegründete DSCH-Shostakovich Ensemble (mit seinen aber immerhin recht bekannten Mitgliedern Isabel Charisius, die als Violinistin bis 2008 im legendären Alban Berg Quartett mitwirkte, und dem Cellisten Adrian Brendel) hat sich durch seine Namensgebung zum Anwalt des – ich wage es, so weit zu gehen – neben Tschaikowsky bedeutendsten russischen Komponisten aufgeschwungen und dem Ensemblenamen die Initialen des Komponisten in deutscher musikalischer Notenumschrift vorangestellt.
Ohne große Umschweife lässt sich feststellen, dass sich eine bessere Anwaltschaft als diese derzeit selbst in der Ersten Liga der Kammermusik kaum finden lassen wird.
Das hier eingespielte Gesamtwerk Schostakowitschs für die Besetzung von Klavier mit Streichern stellt einen fast lückenlosen Querschnitt durch das musikalische Leben des Komponisten dar, angefangen mit dem zu Beginn der 20er Jahre entstandenen Klaviertrio Nr. 1 über die berühmt gewordenen Opera 57 (Klavierquintett) und 67 (Klaviertrio Nr. 2) bis hin zu der 1975 und somit kurz vor seinem Tode entstandenen Viola-Sonate op. 147.
Dass Schostakowitsch selbst ein begnadeter Pianist gewesen ist, merkt man jeder seiner Schöpfungen an – auch wenn die anderen beteiligten Instrumente in ihrem Anspruch kaum zurückstehen.
Auf eine besondere Weise haben alle hier eingespielten Werke eine autobiografische Bedeutung oder Beziehung, scheinen sie doch alle ganz expressiv die (auch politischen) Höhen und Tiefen dieses Komponistenlebens nachzuzeichnen. Dafür steht ganz besonders das 1944 komponierte Klaviertrio mit seinem Höchstmaß an Emotionalität, die auf die damals durch die Gräuel des Krieges und gleichzeitig durch den Tod seines Freundes, des Musikwissenschaftlers Ivan Sollertinskij, hervorgerufene tiefe Traurigkeit Schostakowitschs verweist. Man lenke sein Ohrenmerk in diesem Zusammenhang einfach nur einmal auf den dritten Satz, das Largo.
Andererseits sein im Jahr 1940 entstandenes Klavierquintett, das mit Fug und Recht mit einem bereits an Beethoven vergebenen Namen überschrieben werden könnte: „Gassenhauer“; der vierte Satz, das Scherzo, brachte es seinerzeit dazu, auf Moskaus Straßen vielfach gepfiffen zu werden! Beide Werke stellen auf diesen mit Höhepunkten nur so gespickten CDs die Primi inter pares dar.
Die hier versammelten Werke enthalten alle nur denkbaren Seelenfarben. Und diese wiederum werden durch die beteiligten Musiker derart zum Leuchten gebracht, dass man es einfach nur wieder einmal bedauern kann, dass Alfred Nobel in seinem berühmten Nachlass die Musiker nicht berücksichtigt hat. Hier wären die diesjährigen Kandidaten! Aber vielleicht „erbarmen“ sich ja der Grammy oder der neu geschaffene Opus Klassik dieser bemerkenswerten CD-Produktion.
Friedemann Kluge