Ludwig van Beethoven

Clarinet Trios

Trio Origo

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Brilliant Classics
erschienen in: das Orchester 05/2021 , Seite 86

Beethoven hat mit seinem Trio B-Dur op. 11 erstmals die Gattung des Klaviertrios durch die Verwendung der Klarinette anstelle einer Violine klanglich erweitert. Die Anregung dazu ging wohl von dem Klarinettisten Joseph Beer/Bähr aus. Nach dem Erfolg seines Septetts op. 20 ließ es sich Beethoven auch nicht nehmen, von diesem selbst eine Trio-Fassung für die gleiche Besetzung von Klarinette, Violoncello und Klavier, sein Opus 38, zu erstellen. Somit lag es nahe, zum Gedenkjahr 2020 statt der sonst bei CDs häufigen Kombination von Beethovens op. 11 mit Brahms Trio op. 114 die Beethoven-Trios gemeinsam aufzunehmen.

Der besondere Reiz der CD: Das finnische Trio Origo spielt auf historischen Instrumenten bzw. deren Nachbauten. Asko Heiskanen bläst äußerst intonationssicher auf einem Nachbau einer Grenser-Klarinette von ca. 1800, der Cellist Jussi Seppänen spielt nahezu vibratolos auf einem Cello aus dem 18. Jahrhundert, während Jerry Jantunen mit perlender Fingertechnik auf einem Fortepiano nach Johann Andreas Stein von 1784 musiziert. Das Instrumentarium ergibt ein von dem silbrig hellen Fortepiano bestimmtes Klangbild, das aber insgesamt sehr ausgewogen und klar ist.

Dass das Trio Origo auch einen eigenen Interpretationsstil verfolgt, wird schon nach den ersten Takten von op. 11 deutlich. Nach den eröffnenden vier Takten im Unisono, die schon in der Viertel-Bewegung etwas anziehen, erfolgen eine überdimensionierte Pause und der im Tempo zurückgenommene Piano-Einsatz des Klaviers. Es scheint, als wollten die Musiker Beethovens Gedanken beim Komponieren, den Kompositionsprozess, verdeutlichen: Wie kann es weitergehen nach den ersten vier forschen Takten? Ähnliche Ansätze mit verlängerten Pausen vor einem Ausdruckswechsel und leicht verzögerte Anläufe bei überleitenden ansteigenden Tonleitern, beschleunigte Partien bei gleichförmigen Spielfiguren sind vielfach zu hören und durchaus als Verdeutlichung des Kompositionsprozesses nachzuvollziehen. Allerdings sind nicht alle Tempomodifikationen einsichtig, so im Schlusssatz von op. 38, wenn nach dem Rondothema im Violoncello der Fluss der Musik ausgebremst wird.

Überzeugend sind insgesamt die Lebendigkeit des Musizierens, der jugendliche Elan, die Intensität im Ausdruck und die Genauigkeit im Detail. Der Verzicht auf das Vibrato beim Violoncello – nur in den langsamen Sätzen wird es geschmackvoll verwendet – wird durch dynamisch belebte Haltetöne ausgeglichen. Für das Fortepiano gibt es in der Dynamik keine Obergrenze, dort wo es nötig ist, wird diese ausgereizt, was im Pianobereich insgesamt nicht ganz so streng beachtet wird. Beethovens Sforzati werden oft mit perkussiver Wirkung realisiert.

Das finnische Trio Origo legt eine diskussionswürdige, spannungsvolle und von Musizierlust zeugende, dabei Beethovens jugendliche Unbekümmertheit hörbar nachvollziehende Interpretation vor, die besonders durch die Annäherung an den Originalklang zum Hörerlebnis wird.

Heribert Haase