Werke von Carl Reinecke, Robert Schumann und Clara Schumann

Clara Schumann & Zeitgenossen

Andrea Kauten (Klavier), Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim, Ltg. Timo Handschuh

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Solo Musica
erschienen in: das Orchester 03/2020 , Seite 67

Im Clara-Schumann-Gedenkjahr 2019 haben die in Basel und an der Franz-Liszt-Musikakademie Budapest ausgebildete Pianistin Andrea Kauten und das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim unter dem Dirigat von Timo Handschuh eine CD mit Claras Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 7 nebst den Variationen fis-Moll op. 20 über ein Thema von Robert Schumann vorgelegt, die sie mit Roberts „Geistervariationen“ Es-Dur WoO 24 und Carl Reineckes Konzertstück für Klavier und Orchester B-Dur op. 33 kombinierten. Eine doch eher etwas lose erscheinende Zusammenstellung, der eine innere Dramaturgie fehlt. Andrea Kauten suchte nach besonderen Anlässen in den Werken des Künstlerehepaars.
Claras Variationen op. 20 komponierte diese zu Roberts Geburtstag am 8. Juni 1853. Zugrunde liegt dem Zyklus die Nr. 4 aus den Bunten Blättern ihres Ehemannes. Umgekehrt widmete dieser die im Februar 1854 geschaffenen Variationen WoO 24 Clara, doch umgibt den Variationszyklus das Wissen um die tiefgreifende Verschlechterung des Gesundheitszustands Roberts. Wäh­rend der Arbeit an der Komposition – das Ehepaar lebte mittlerweile in Düsseldorf – stürzt sich Robert in suizidaler Absicht in den Rhein. Er wurde gerettet, doch diese Begebenheit führt zur späteren Einweisung in die Heilanstalt in Endenich.
Das choralartige Thema der „Geistervariationen“ will Robert von den Engeln eingegeben bekommen haben. Clara wollte das Werk – ebenso wie Schumanns Violinkonzert d-Moll WoO 1 – vor der Öffentlichkeit zurückhalten; sie sah in der kompositorischen Leistung wegen des Krankheitsschubs ihres Mannes hier wie da einen Makel.
Die beiden Solowerke vermag Andrea Kauten nicht mit der denkbaren Sensibilität zu ergründen. Hier wäre in den (in Struktur und Ausdruckshaltung im Übrigen keineswegs ehrenrührigen!) „Geistervariationen“ mehr Unterscheidbarkeit der unterschiedlichen Satzcharaktere notwendig gewesen. Zu hören bekommt man viel Gleichklang in der musikalischen Struktur ohne eine spezifische und feingliedrige Gewichtung der Stimmführung.
In den Variationen Clara Schumanns kann die Pianistin mehr Detailfreude und mehr Gestaltungswillen vermitteln. Doch gerät ihr klanglich nicht alles so ausgefeilt, wie man es sich wünschen würde, und die fünfte der sieben Variationen erscheint doch recht polternd angegangen. In Reineckes Konzertstück B-Dur wie in Clara Schumanns bereits 1833 entstandenem Klavierkonzert a-Moll weiß Kauten neben sanglich gehaltenen, aber agogisch mitunter etwas überzogenen Lyrismen wuchtig und mit Brillanz und Attacke zuzulangen. Das Feingefühl allerdings bleibt da etwas zu nachrangig gewichtet.
Das Südwestdeutsche Kammerorchester unter der Leitung von Ti­mo Handschuh agiert weitgehend recht spröde, es erweist sich sehr direkt in der Klangbildung und es fehlt entschieden an der denkbaren Eleganz der melodischen Formulierung.
Thomas Bopp

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support