Clara Schumann/Ludwig van Beethoven
Klavierkonzert a-Moll/Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur
Ragna Schirmer (Klavier), Staats- kapelle Halle, Ltg. Ariane Matiakh
Clara heißt diese CD das kann sich eigentlich nur auf eine beziehen: Clara Schumann. Mit ihr, die sowohl Klaviervirtuosin als auch Komponistin war, befasst sich die Pianistin Ragna Schirmer schon fast ein Leben lang. Auf ihrer neuen CD verknüpft sie beide Facetten von Claras Wirken eng miteinander. Zu hören ist deren Klavierkonzert in a-Moll, daneben das vierte Klavierkonzert von Beethoven.
Das Werk der 16-jährigen Clara Wieck belegt ihre kreativen Aspirationen, die später, als sie den Lebensunterhalt ihrer Familie als reisende Virtuosin verdienen musste, immer weiter zurücktreten mussten. Daher sind die (hier leicht gekürzt zu hörenden) Kadenzen, die sie zu Beethovens von ihr oft gespieltem G-Dur-Konzert schrieb, mehr als bloßes Gelegenheits- oder Beiwerk, vielmehr Zeugnisse einer musikalischen Entwicklung, die über Geldsorgen und Reisen nicht so an den Tag treten konnte, wie es für sie (und uns) wünschenswert gewesen wäre: Ihr zweites Klavierkonzert, an dem sie zugleich mit den Beethoven-Kadenzen arbeitete, blieb unvollendet.
So weit, was an biografisch-historischen Bezügen in dem überlegt zusammengestellten Programm dieser CD steckt. Die beeindruckt aber vor allem durch eine Interpretation, die bei aller Virtuosität in ihrer harmonischen Ausgewogenheit bemerkenswert geschlossen, zugleich differenziert und sprechend ist. Ragna Schirmer und die Staatskapelle Halle unter Ariane Matiakh agieren als kongeniale Partnerinnen in musikalisch ebenbürtigem Zusammenwirken.
Gewählt wird ein musikalischer Mittelweg zwischen historisch informiertem und modernem Musizieren: Das Instrumentarium ist modern, aber das Orchester spielt ohne Vibrato, die Tempi sind meist recht mäßig. Wohl in Annäherung an die Klangvorstellungen der Romantik scheint ein fließend-rhapsodischer Tonfall angezielt. Allerdings wird die Darbierung dadurch nirgends breit oder träge vielmehr verstehen die Musiker trotz der eher langsamen Tempi, Bögen zu schlagen, musikalische Innenspannung aufzubauen und zu halten.
Durch den Verzicht auf Vibrato bleibt der Orchesterklang transparent; es fehlt ihm aber genauso wenig an Wärme wie Schirmers Spiel auf dem resonanzreich eingestimmten Flügel. Auf dem vermag die Pianistin alles. Sie versprüht Klangnebel, lässt es perlen, alles als natürliche Form der musikalischen Aussage. In Schumanns a-Moll-Konzert kommt der Solopart brillant, aber auch gesanglich-beredt daher ein Glanzlicht ist der zweite Satz, in dem ein Solo-Cello höchst expressiv mitschwelgt.
Demgegenüber klingt hier Beethovens Konzert gelöst, scheinbar versonnen, untergründig aber von großer innerer Sammlung und Konzentration. Die Interpretin bringt solche Gegensätze organisch-spannungsreich zusammen. Sicherlich einer der Gründe, warum man Lust hat, diese CD immer wieder von Neuem zu hören.
Gero Schreier