Nikolay Rimsky-Korsakov

Christmas Eve

Georgy Vasiliev, Julia Muzychenko, Enkelejda Shkoza, Alexey Tikhomirov, Andrei Popov, Frankfurter Opern- und Museumsorchester, Chor der Oper Frankfurt, Ltg. Sebastian Weigle

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Naxos
erschienen in: das Orchester 04/2024 , Seite 71

Vor einigen Jahren ging an der Oper Frankfurt a. M. mit enormem Erfolg Rimsky-Korsakovs Oper Die Nacht vor Weihnachten (Christmas Eve) über die Bühne. Bei dem Label Naxos ist nun ein Audio-Mitschnitt dieser bemerkenswerten Aufführung auf CD erschienen. Der Oper, für die der Komponist selbst das Libretto verfasste, liegt eine Geschichte von Nikolai W. Gogol zugrunde. Aus der Taufe gehoben wurde sie im Jahr 1895. In Russland wurde das Werk nicht sonderlich oft gespielt. Die erste Aufführung in Deutschland fand 1940 statt, damals noch unter dem Titel Sonnwendnacht. Hier hielt sie sich über einige Jahre hinweg auf den Spielplänen, von denen sie indes zu Beginn des Russlandfeldzugs der Nazis wieder verschwand. Nach Ende des Krieges führte Die Nacht vor Weihnachten an den deutschen Opernhäusern eher ein Schattendasein und wurde leider schnell vergessen. Das hat die Oper Frankfurt geändert.
Die musikalische Ausbeute der Partitur ist beträchtlich. Geprägt wird die Oper von den Koljadki-Gesängen. Hier verwebt Rimsky-Korsakov geschickt die Eigenarten der russischen Volksmusik mit Kontrapunkttechniken und homofoner Satzweise der Kunstmusik. Auch die ukrainische Volksmusik spielt bei diesem Stück eine gewichtige Rolle. Der Zuhörer wird von Dirigent und Orchester in einen regelrechten Klangrausch versetzt. Weigles Auffassung von dem Werk ist von enormer Eleganz, starkem musikalischen Impetus und großer Spannung geprägt.
Von den Sänger:innen gefällt in erster Linie die über einen bestens fokussierten, weich und geschmeidig sowie sehr gefühlvoll klingenden Sopran verfügende Julia Muzychenko in der Partie der Oksana. Auch der mit ebenmäßig geführtem, elegant dahinfließendem lyrischen Tenor-Material aufwartende Georgy Vasiliev vermag als Vakula gut zu gefallen. Demgegenüber fällt sein den Teufel stark in die Maske singender Stimmfachkollege Andrei Popov ab. Bei dem Diakon von Peter Marsh vermisst man ebenfalls eine solide Körperstütze seines flachen Tenors. Eine ausgesprochen imposant und robust singende Solokha ist Enkelejda Shkoza. Die Mezzosopranistin ist auch als „Frau mit der violetten Nase“ zu hören. Der „Frau mit der normalen Nase“ drückt die tadellos intonierende Barbara Zechmeister einen prächtigen Stempel auf. Hervorragend geeignet für den Chub ist das sonore Bass-Material von Alexey Tikhomirov. Anthony Robin Schneider gibt mit markantem Bass den Panas. Von Thomas Faulkners voll und rund klingendem Patsyuk hätte man gerne mehr gehört. Sebastian Geyer (Bürgermeister) und Bianca Andrew (Tsarina) runden das Ensemble ordentlich ab.
Insgesamt haben wir es hier mit einer echten Rarität zu tun, deren Anschaffung durchaus zu empfehlen ist.
Ludwig Steinbach