Christian Westerhoff

Viola Concertos 1 & 3/Flute Concerto

Barbara Buntrock (Viola), Gaby Pas-Van Riet (Flöte), Symphonieorchester Osnabrück, Ltg. Andreas Hotz

Rubrik: CDs
Verlag/Label: CPO
erschienen in: das Orchester 02/2018 , Seite 64

Noch unter Hermann Bäumer hatten das Symphonieorchester Osnabrück und das im Landkreis angesiedelte Label cpo die Wiederentdeckung Christian Wilhelm Westerhoffs mit dessen Symphonie in Es-Dur und seinem Klarinettenkonzert eingeleitet. Sicher spielte da der Gedanke mit, neben berühmten Einheimischen wie dem Aufklärer Justus Möser oder dem Romancier Erich Maria Remarque für die Region eine Musikergröße zu etablieren. Die Wohlfühlstadt im Nordwesten ist etwas zu weit entfernt von den Meistern der Niederländischen Schule, und Albert Lortzing, der sechs Jahre seines Lebens dort verbrachte, gelangte erst in Leipzig zum Zenit seines Schaffens.
Die neue CD stellt ausschließlich Solokonzerte des mit nur 42 Jahren verstorbenen Christian Westerhoff vor. Dieser hatte als Konzertmeister in den Residenzen Burgsteinfurt und Bückeburg gewiss auch an wirkungsvolle Kompositionen für sich selbst gedacht.
Werke Westerhoffs sind, wie andere parallel zur Wiener Klassik entstandene Partituren, oft schwieriger zu erspielen als Wiederent-deckungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Gewiss lassen sich schöpferische Analogien zu Mozart und Haydn feststellen. Doch gerade bei Aufnahmen von Werken des späten 18. Jahrhunderts, die in junger Einfachheit zwischen barocker Fülle und dem Aufbruch nach der Französischen Revolution stehen, fällt es mitunter schwer, in der Interpretation eine zwingende Spannungsarchitektur zu entwickeln. Die Bratscherin Barbara Buntrock und die Flötistin Gaby Pas-Van Riet, zwei erfahrene Interpretinnen, folgen hier jedoch allzu geradlinig Westerhoffs empfindsamen Erfindungen. Das Symphonieorchester Osnabrück hat sich die Partituren sorgfältig erarbeitet und beweist dies durch eine sehr ausgewogene, wohltemperierte Wiedergabe.
Der zündende Funke will diesmal nicht recht überspringen. Vielleicht sind die Erwartungen zu hoch nach hervorragenden Einspielungen von Werken Ditters von Dittersdorfs oder der Mannheimer Schule? Westerhoff, ein Meister des musikalischen Tafelkonfekts?
Vielleicht täuscht dieser erste Höreindruck, auch weil Westerhoffs Leben gemessen an den abenteuerlichen Biografien vieler seiner Zeitgenossen ziemlich überraschungsfrei verlief. Es wäre vermessen, von jeder Entdeckung eine Sensation zu erwarten. Aber ganz unwahrscheinlich ist es nicht, dass hinter den mit Engagement und Liebe der Vergessenheit entrissenen Werken auch andere Affekte, vielleicht sogar Furor und Attacke zu entdecken sind.
Oder man findet doch noch etwas von jenen nervös-rebellischen Symptomen, wie man sie erst vor einigen Jahrzenten in Schlüsselwerken Mozarts aufspürte und sofort mit weitreichenden Auswirkungen in der Aufführungspraxis kultivierte. Das wäre für die weitere Erschließung des Schaffens von Christian Westerhoff gewiss ein imagefördernder Impuls. Informationen und guter Stoff für Spekulationen finden sich im fundierten Booklet-Aufsatz von Bert Hagels zuhauf.
Roland H. Dippel