Werke von Myroslaw Skoryk, Nadia Boulanger, John Rutter und anderen

Chapters – A Double Bass Story

Dominik Wagner (Kontrabass), Lauma Skride (Klavier)

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Berlin Classics
erschienen in: das Orchester 11/2023 , Seite 70

Für seine Solodebüt-CD bei Berlin Classics wählte der aufstrebende Kontrabassist Dominik Wagner zumindest vom Repertoire her wenig Außergewöhnliches, steht Bottesini, dem diese CD gewidmet war, doch fast zwangsläufig im eher überschaubaren Repertoire von Kontrabassisten an zentraler Stelle. Für seine neue Einspielung Chapters – A Double Bass Story mit der sehr flexiblen Pianistin Lauma Skride hat sich der aus Wien stammende Musiker ein eher ungewöhnliches Konzept überlegt.
Dominik Wagner begann früh mit dem Cello-Spiel, mit zehn Jahren wechselte er zum Kontrabass. 2017 wurde er mit einem „ECHO Klassik“ in der Kategorie Nachwuchskünstler ausgezeichnet. Bei zahlreichen Wettbewerben wie dem ARD-Wettbewerb oder der „Eurovision Young Musicians Competition“ war der Kontrabassist erfolgreich, der als Orchestermusiker, Solist und Kammermusiker aktiv ist. Mit Chapters möchte der ehemalige Wiener Sängerknabe nach eigenen Worten „ein Porträt der Möglichkeiten des Kontrabasses, eine Liebeserklärung an all seine bekannten und noch unbekannten Facetten, Klangfarben und Ausdrucksmöglichkeiten“ liefern. Wobei das Gesangliche einen wichtigen Anteil an dieser neuen Einspielung haben soll.
15 Kompositionen, viele in eigenen oder Arrangements von fremder Hand, hat Dominik Wagner für dieses Unterfangen ausgesucht, Schuberts Du bist die Ruh ebenso wie Ravels Pavane oder Debussys Beau Soir. Wagner geht mit singendem Ton und vielen Ausdrucksvaleurs auf eine im Ansatz durchaus lohnende Entdeckungsreise auch unbekannteren Repertoires wie beispielsweise der Melody des ukrainischen Komponisten Myroslaw Skoryk (1938 – 2020), wie viele der ausgewählten Werke ursprünglich für einen Film komponiert, oder Nadia Boulangers Cantique, eine Erinnerung an eine der bedeutendsten Pädagoginnen des 20. Jahrhunderts, ebenso wie Max Richters Mercy oder Pēteris Vasks Andante cantabile nach seinem zweiten Cellokonzert.
Das Elegische dominiert indes fast zu sehr bei der Auswahl, auch wenn sich Wagner, unterstützt von Skride, sehr um eine Differenzierung der Klangfarben kümmert. Bei seinem Bemühen um Repertoirebreite wählte Wagner auch Piazzollas Ava Maria, Chaplins Smile aus dem Film Modern Times, aber auch Henry Mancinis unsterbliches Moon River (Frühstück bei Tiffany’s) für seine ambitionierte CD. So souverän Wagners Spiel auch ist, wie sehr er sich auch bemüht, unterschiedlicher Stilistik auf Chapters gerecht zu werden, es stellt sich doch relativ bald ein Gefühl von Einförmigkeit ein. Auch wenn sein Spiel bei Ravel, Debussy oder Fauré durchaus überraschend nuanciert ist, sollte man sich diese CD nicht in einem Durchlauf anhören. In kleineren Abschnitten genossen, kann die durchaus ansprechende Ästhetik des Spiels von Dominik Wagner eher überzeugen.
Thomas Weiss