Hans Christian Lumbye
Champagne! The Sound of Lumbye and his Idols
Concerto Copenhagen, Ltg. Lars Ulrik Mortensen
Wer kennt eigentlich hierzulande den dänischen Musiker und Komponisten Hans Christian Lumbye? Diese bislang weitgehend fehlende Bekanntschaft nachhaltig zu vermitteln, ist das große Verdienst dieser Veröffentlichung. Und die Art und Weise, wie die dänischen Musiker des Concerto Copenhagen diese Aufgabe lösen, ist ein zusätzliches Argument für die Auseinandersetzung mit dieser musikgeschichtlichen Nische.
Lumbye (1810–1874) war sozusagen das skandinavische Gegenstück zu den Österreichern Lanner und J. Strauss. Ursprünglich Militärmusiker, trat er in der ersten Jahrhunderthälfte mit seinen Musikern in Kopenhagen auf, lernte dabei die Musik von Lanner und Strauss kennen und begann, sie aufzuführen und ihnen nachzueifern. Wie erfolgreich er das tat, dokumentieren die ausgewählten Kompositionen auf der vorliegenden CD: einige Walzer und weitere Genrestücke wie Tarantella, Galopp und Polka.
Concerto Copenhagen ist ein relativ kleines Instrumentalensemble, das sich der historischen Aufführungspraxis verschrieben hat und dazu jeweils Instrumente der betreffenden Epoche einsetzt.
Für die Musik von Lumbye statteten sich die Musiker umfassend mit Instrumenten seiner Zeit aus, setzten sich in einer intensiven Arbeitsphase während der Corona-Zeit mit einer repräsentativen Werkauswahl des dänischen Musikers auseinander und ergänzten sie durch je ein Werk von Lanner (den Walzer Die Mozartisten) und J. Strauss (den Champagner-Walzer op. 14). Diese Konfrontation der eigenen Kompositionen Lumbyes mit vergleichbaren Werken seiner beiden Vorbilder belegt überzeugend sowohl seine stilistische Nähe zu den beiden österreichischen Meistern wie seine Eigenständigkeit. Bei Lanners Mozartisten-Walzer handelt es sich um ein besonders originelles Werk, in dem er sich auf fantasievolle und handwerklich meisterhafte Weise mit der Musik des bewunderten Mozart auseinandersetzt: Ausgewählte Zitate aus Mozarts Opern Don Giovanni und Die Zauberflöte werden – modern formuliert – in der Art einer musikalischen Collage verwendet und gleichzeitig durch allerlei Kunstgriffe „verfremdet“.
Die Aufnahme fängt die Klangcharakteristik und Spielfreude des Ensembles unter der Leitung seines ständigen Dirigenten Lars Ulrik Mortensen hervorragend ein. Vor allem die Bläser glänzen durch bestechende Virtuosität; trotz der kleinen Streicherbesetzung ergibt sich ein ausgewogener runder Gesamtklang. Verblüffend ist auch, wie wendig und selbstverständlich sich die Musiker auf die so andere Stilistik der frühromantischen „Unterhaltungsmusik“ einpegeln, obwohl sie in ihrer eingeübten Spielpraxis doch eher aus dem Barock und der Wiener Klassik herkommen. Insofern handelt es sich mit dieser Einspielung um eine echte, sehr unterhaltende Repertoirebereicherung, vor allem auch für nicht-skandinavische Hörerkreise.
Arnold Werner-Jensen