Ferdinand Bruckmann

Chamber Music

Kayako Bruckmann (Violine), René Berman (Violoncello), Michael van Krücker/Heinz Walter Florin (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: TYXart TXA14041
erschienen in: das Orchester 04/2015 , Seite 83

Die Musik des 1930 geborenen Ferdinand Bruckmann verbindet wie die seines Kompositionslehrers Frank Martin die freie und undogmatische Anwendung der Zwölftontechnik mit dem Rückgriff auf traditionelle Formen und einem häufig neoklassizistischen Gestus. Bruckmann war viele Jahre als Klavierprofessor in Osaka tätig, und man mag zwar bei den auf der CD versammelten Kammermusikwerken der 1950er und 1960er Jahre nicht zuletzt wegen ihrer zuweilen aphoristischen Kürze auch den Einfluss japanischer Kultur erkennen, freilich ohne dass die Musik je den Boden europäischer Handwerklichkeit verlassen würde.
Bruckmanns Kompositionen werden getragen von einer musikantischen Haltung, die sich wie in den Klavierbagatellen mit einem pädagogischen Anliegen verbindet. Wenn der Komponist diese kurzen Etüden auch bescheiden als „Studienmaterial für verschiedene pianistische Probleme“ bezeichnet, so bewähren sie sich dennoch auch im Konzert als originelle Miniaturen. Dies gilt auch für die Bagatellen für Violine und Klavier, die Suite für Klavier zu vier Händen und die Italienische Suite, in denen sich Bruckmann von historischen Vorbildern inspirieren und dabei seinen Witz spielen lässt. So verarbeitet er im Schlussrondo der Bagatellen eine Passage aus Tschaikowskys Violinkonzert, in der Italienischen Suite folgt auf einen „hinkenden“ Walzer als Stilparodie eine Barcarole à la Liszt und eine ausgelassene Tarantella. Diesen überwiegend heiteren Werken stehen mit dem Violinsolo Epilog und der Fantasie In memoriam zwei ausgesprochene Trauerkompositionen gegenüber, die gleichwohl ebenfalls mit historischen Mustern spielen.
Am interessantesten und gewichtigsten erscheinen die beiden Violinsonaten, u.a. wegen mancher formaler Experimente. So ist das kurze Scherzo der ersten Sonate symmetrisch angelegt, wobei der erste Teil nach dem Höhepunkt notengetreu rückwärts gespielt wird, und auch sonst zeichnet sich das Werk durch eine markante Rhythmik aus, die zuweilen fast punktuelle Strukturen hervorbringt. Die zweite Sonate beginnt mit einem Satz, der sich in der Art einer Chaconne auf einem nur dreitönigen Bassmotiv entwickelt. Die für Bruckmanns Musik typische Verbindung von Traditionsbezug, Ironie, dodekafonischer Disziplin und Pragmatismus zeigt sich in den beiden Violinsonaten am überzeugendsten.
Mit großem Engagement widmen sich die vier Interpreten, allen voran die Geigerin Kayako Bruckmann, die Tochter des Komponisten, einer Musik, die zwar einem gewissen Akademismus verhaftet bleibt, die sich aber andererseits so unprätentiös und ehrlich gibt, dass man ihr Sympathie kaum verweigern mag.
Klaus Angermann