Johann Anton André

Chamber Music

Adam Tomaszewski (Klavier), Polish String Quartet

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: EDA
erschienen in: das Orchester 5/2025 , Seite 75

Innerhalb der Musikgeschichte bildet Johann Anton André (1775–1842) ein repräsentatives Beispiel für eine unschöne Seite der Musikhistoriografie: Als Zeitgenosse der großen Wiener Klassiker Haydn, Mozart und Beethoven traf ihn das Schicksal vieler anderer Komponisten seiner Generation, deren Personalstil den Klangcharakter dieser Epoche aufweist. Im Booklet bringt der Musikwissenschaftler Axel Beer dieses Phänomen treffend auf den Punkt: „Wer wie Beethoven oder Mozart oder Haydn komponiert und nicht Beethoven oder Mozart oder Haydn heißt, bekommt rasch (von der Nachwelt) den Stempel ‚Epigone‘ aufgedrückt […].“ Dass solche Einordnungen in vielen Fällen durchaus revisionsbedürftig sind, zeigt sich eindrucksvoll in den vorliegend eingespielten kammermusikalischen Werken des Komponisten Johann Anton André. Als Musikverleger in der Musikgeschichte durchaus präsent, so ist sein kompositorisches Schaffen nahezu vollständig in Vergessenheit geraten. Eine CD-Einspielung ist in einem solchen Fall ein wichtiger Baustein in der Wiederentdeckung eines vergessenen Meisters.
Die Instrumentalist:innen der vorliegenden Einspielung bestechen durchweg mit souveränem Können und stilistischem Feingefühl. In der Sonate für Klavier, Violine und Cello op. 17 – die Werkbezeichnung ist ungewöhnlich, denn eigentlich ist es ein typisches Klaviertrio – zeigt sich das souveräne Zusammenspiel der Musiker:innen. Insbesondere der Pianist Adam Tomaszewski erweist sich sowohl als brillanter Virtuose wie auch als genialer Kammermusiker. Geschmeidig und klangschön fügt er sich in das musikalische Gesamtbild ein, ohne dass sich die Dominanz des Klavierparts aufdrängt. Interessante Höreindrücke vermittelt indessen das zweisätzige Duett op. 27. Die freiere kompositorische Form eröffnet auch für die Interpretation Spielräume, welche in der vorliegenden Einspielung geschickt genutzt werden.
Das viersätzige Streichquartett Nr. 1 op. 14 ist von der Zeitdauer das längste Werk auf der CD und spiegelt die kompositionsästhetischen Entwicklungen der Zeit wider: Im dritten Satz – als Menuett überschrieben – deutet das rasche Allegro-Tempo, das einem Menuett als graziös-vornehmen Hoftanz eigentlich fremd ist, bereits den Weg zum wesentlich vielseitigeren Scherzo an – ein Phänomen, das man bei vielen Meistern der Zeit vorfindet. Das Polish String Quartet beweist auch bei diesem Werk seine ausgesprochene Affinität zum Repertoire der Klassik und belohnt den Hörer mit ausgesprochener Klangschönheit.
Gerade bei einem weniger bekannten Meister kommt dem CD-Booklet eine besondere Bedeutung zu, da man mehr zu dessen Person und Wirken erfahren möchte. Diesen Wissensdurst befriedigt das der CD beiliegende Booklet, welches Johann Anton André im Kontext seiner Zeit beleuchtet und die eingespielten Werke kurz charakterisiert.
Bernd Wladika