Brina Jez-Brezavscek
Chain
für Streichorchester oder Streichquintett (1990/91)
Schon rein optisch hinterlässt das Streichquintett von Brina Je-Brezavcek, das wahlweise auch von einem Streichorchester ausgeführt werden kann, einen recht eingängigen Eindruck: Ein sehr linearer Verlauf, regelmäßige Notenwerte, rhythmische Klarheit und eine auf Transparenz setzende Klangentwicklung prägen die fünf Stimmen. Und auch den Kompositionstitel Chain (Kette) glaubt man aus dem Notenbild herauslesen zu können. Dabei scheinen sowohl die aufeinander folgenden Formteile
in den Einzelstimmen als auch die Stimmen untereinander “verkettet” zu sein. So wandern im zweiten, “Tranquillo” überschriebenen Satz Pizzicato-Akzente mehrfach durch die Streicherstimmen oder werden die regelmäßigen Notenwerte einzelner Akteure im ersten Abschnitt einem präzise notierten Beschleunigungs- bzw. Verdichtungsvorgang unterworfen.
Brina Je-Brezavcek, geboren 1957 in Ljubljana, hat keine Berührungsängste mit populär klingender Musik im Gegenteil. Die slowenische Komponistin macht sich nach eigener Aussage durchaus Gedanken darüber, wie ihre Werke beim Publikum ankommen. Ihre Motivation beziehe sie auch aus der Hoffnung, zumindest den ein oder anderen Hörer zu erreichen, dem ihre Stücke etwas sagen könnten. Ein zumindest klanglich etwas romantisierender, auf übersichtliche Rhythmen aufbauender Ansatz schadet da nicht. Und auch der Rückgriff auf Techniken der Minimal Music der 1970er Jahre mag da nicht verkehrt sein.
Nicht zuletzt hilft einer größeren Verbreitung ihrer Werke natürlich auch eine vergleichsweise einfache Aufführbarkeit: Technisch stellt Brina Je-Brezavcek, die sich neben ihrer Lehrtätigkeit beim Komponieren vor allem der Kammermusik widmet, keine übermäßig großen Ansprüche an die Interpreten, sodass diese sich ganz auf die Klangentwicklung, das präzise und meist blockhaft strukturierte Zusammenspiel konzentrieren können. So wie die Musik der slowenischen Komponistin in Chain gebaut ist, dürfte ihre Wirkung durch den Einsatz eines Streichorchesters (statt des ursprünglichen Streichquartetts plus Kontrabass) noch maximiert werden.
So könnte das Fazit also lauten, dass Brina Je-Brezavceks Streichquintett eigentlich seinen Weg zu den Interpreten und damit dann auch zu den Zuhörern erfolgreich meistern müsste. Ein wenig wird der Eindruck, den diese recht kostengünstige Notenausgabe aus dem auf Musik von Komponistinnen der vergangenen rund 200 Jahre spezialisierten Certosa-Verlag hinterlässt, von dem doch recht nachlässig redigierten Vorwort und dem etwas schwer leserlichen Notentext der Partitur getrübt. Die Einzelstimmen hingegen sind klar lesbar und sehr übersichtlich gehalten.
Daniel Knödler