Werke von Antonín Kraft und Carl Philipp Emanuel Bach

Cello Concertos

Jean-Guihen Queyras (Cello), Ensemble Resonanz, Ltg. Riccardo ­Minasi

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: harmonia mundi
erschienen in: das Orchester 1/2025 , Seite 72

Eine CD mit gerade einmal 45 Minuten Spielzeit ist heutzutage schon fast ein Statement. Da sollte man sich als Künstler:in schon entweder eines hohen interpretatorischen Wertes oder einer besonderen Bedeutung fürs Repertoire sicher sein. Die gute Nachricht im Falle der vorliegenden Dokumentation der überaus inspirierten Zusammenarbeit des Cellisten Jean-Guihen Queyras mit dem Ensemble Resonanz ist, dass an der Qualität der musikalischen Interpretation überhaupt kein Zweifel besteht. Und in Sachen Repertoire hat man zumindest mit dem Konzert von Antonín Kraft fast so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal.
Zugleich wirft aber die Kombination der beiden Werke auf dieser CD ein paar Fragen auf, die auch im Booklet-Text nicht wirklich schlüssig beantwortet werden. Peter Wollny versucht eine Verbindung der Cellokonzerte von Kraft und Carl Philipp Emanuel Bach über den Begriff „Klassik“ – scheint letztendlich aber selbst nicht so ganz überzeugt von dieser These. Vielleicht ließen sich viel banalere Parallelen finden, die beide Kompositionen beschrei­ben. Solist und Ensemble zumindest scheinen diesen gemeinsamen Nenner in Spielfreude und Virtuosität gefunden zu haben. Und da man sich für dieses Projekt der Leitung durch Riccardo Minasi versichert hat, kommt hier noch ein ganz wesentlicher Aspekt hinzu: die Transparenz, mit der hier Bach und Kraft musiziert werden, ist phänomenal und wurde von der wie immer vortrefflichen Hamonia-Mundi-Aufnahmetechnik brillant eingefangen.
Wenn wie in Antonín Krafts Cellokonzert C-Dur op. 4 zu den Streichern des Ensemble Resonanz noch Bläser und Pauken hinzutreten, ist man akustisch nicht mehr sehr weit von einem Originalklangensemble entfernt. Da klingt alles knackig und messerscharf und bietet einen grandios strukturierten „Hintergrund“ für Jean-Guihen Queyras’ konturenreiches Cellospiel. Den hochvirtuosen Solopart meistert Queyras beeindruckend, gestaltet intensiv und kultiviert zugleich und stellt dieses auch in seiner dynamischen Bandbreite voll ausgereizte Kraft-Konzert souverän an die Seite seiner leuchtenden Haydn-Vorbilder.
Nach diesem klanglich gewichtigen Eingangswerk, das auch in den kompositorisch etwas leichter gearbeiteten Sätzen zwei und drei in der Interpretation noch viel plastische Musikalität bietet, fällt Carl Philipp Emanuel Bachs Cellokonzert B-Dur Wq. 171 von der Wirkung her fast ein wenig zurück. Das liegt aber ausschließlich an der reduzierten Orchesterbesetzung (Streicher und Cembalo), denn sowohl Solist als auch Ensemble machen auch dieses Konzert zu einem Muster an Transparenz, Struktur und Spielfreude.
Daniel Knödler