Back, Carl Philipp Emanuel
Cello Concertos
Julian Steckel (Violoncello), Stuttgarter Kammerorchester, Ltg. Susanne von Gutzeit
Wenn es der zu Lebzeiten so populäre Carl Philipp Emanuel Bach nach seinem Tod lange Zeit nicht aus dem ewigen väterlichen Schatten herausschaffte, dann bestimmt nicht deshalb, weil seine Musik langweilig wäre. Im Gegenteil: Emotional abwechslungsreicher kann man eigentlich kaum komponieren. Und so haben auch seine Cellokonzerte Wq. 170-172 keines der Vorurteile verdient, die seiner Musik vielleicht immer noch vereinzelt entgegenschlagen.
Gerade in der neuen Einspielung durch den Solisten Julian Steckel und das Stuttgarter Kammerorchester klingen sie nach einem nuancenreich komponierten und interpretierten Stück Leben, nach den vielschichtigen und oft unvermittelt wechselnden Empfindungen, die eben so zum Menschsein dazugehören. Womit auch schon die Frage geklärt wäre, ob die ausführenden Künstler die musikästhetischen Anschauungen des Bach-Sohns verstanden haben: Ja, sie haben! Letzterer hatte die Konzerte ab 1750 geschrieben, im Blick auf Veranstaltungen innerhalb des langsam in Berlin und Potsdam aufkeimenden bürgerlichen Musiklebens. Dass er dabei einen sehr talentierten Solisten zur Hand haben musste, legt die unter Cellisten etwas berüchtigte Partitur nahe.
Julian Steckel aber hat sie geknackt, wie er es selbst in einem Interview formulierte. Mit Verve und Spielfreude werden da die schnellen Sätze angegangen, nachdenklich bis untröstlich traurig wirken die langsamen. Dabei geht er hier wie dort stets sparsam mit seinem Vibrato um, und auch diejenigen Passagen mit dem größtmöglichen Potenzial zum Finger-Verknoten klingen bei ihm immer noch locker-leicht (nicht etwa klebericht [sic!], wie es CPE in seinem Traktat Versuch über die wahre Art, das Clavier zu spielen einigen Personen ankreidete).
Sämtliche Affekte wunderbare Kantilenen ebenso wie die unerwarteten Brüche, die mitunter in der Musik auftauchen und die etwas von stürmerisch-drängerischer Rebellion an sich haben werden von Steckel und seinen Kollegen vom Stuttgarter Kammerorchester spannungsreich wiedergegeben. Die Einigkeit unter den Interpreten, souverän angeleitet durch die Erste Konzertmeisterin Susanne von Gutzeit, ist in jedem Takt zu spüren. Man merkt dem Klangkörper seine Vertrautheit mit Carl Philipp Emanuel Bach an: Bereits 2014 hatte das Orchester ein Album mit den Hamburger Sinfonien des Komponisten (unter Wolfram Christ) veröffentlicht.
Einer der vielleicht mitreißendsten Tracks: das Allegro assai aus dem A-Dur-Konzert, das die Musiker in einem einigermaßen atemberaubenden Tempo nehmen, ohne dabei ins Stolpern zu geraten. Steckel mehrfach ausgezeichnet übrigens, unter anderem mit dem ersten Preis beim Internationalen ARD-Wettbewerb stellt in diesem Satz sein ganzes virtuoses Können noch einmal auf das Beeindruckendste unter Beweis. Bei so viel musikalisch ausgedrückter Lebensfreude betätigt man die Repeat-Taste gern auch mehrmals!
Julia Hartel