Robert Schumann
Cello Concerto/Works for Cello and Piano
Gabriel Schwabe (Violoncello), Nicholas Rimmer (Klavier), Royal Northern Sinfonia, Ltg. Lars Vogt
Sie war besorgt um Ruf und Erbe ihres berühmten Mannes: Clara Schumann, selbst hochberühmte Pianistin und Nachlassverwalterin des Schumann’schen Œuvres. Ihre Befürchtungen richteten sich auf Werke aus Schumanns letzter Schaffensphase vor dem nervlichen Zusammenbruch im Februar 1854. Zeigen sich hier tatsächlich Anzeichen von – im Diktum der Zeit – „Geisteskrankheit“? Schumanns späte Violinwerke und der Klavierzyklus Gesänge der Frühe op. 133 blieben, teils dank glücklicher Zufälle, erhalten. Seine Fünf Romanzen für Violoncello und Klavier hingegen hat Clara offenbar keinesfalls der Musikwelt überlassen wollen: Sie vernichtete das Manuskript. Kein Zweifel hinsichtlich der Lauterkeit ihrer Absichten, doch wie bedauerlich andererseits, dass mithin nur ein Schumann-Originalwerk für Cello und Klavier – die Stücke im Volkston op. 102 – überlebt hat.
Zweifellos hatte Schumann zum Cello eine besondere Affinität, der er im 1850 entstandenen Cellokonzert ausgiebig gefrönt hat. Zudem versah er zwei Kompositionen aus dem Kammermusikjahr 1849 explizit mit der Besetzungs-Alternative Cello: Adagio und Allegro für Horn und Klavier op. 70 sowie die Fantasiestücke op. 73 für Klarinette und Klavier. All dies (und noch mehr) ist zu hören in der vorliegenden Einspielung.
Der 1988 geborene Cellist Gabriel Schwabe war Preisträger beim Grand Prix Emanuel Feuermann, beim Deutschen Musikwettbewerb und konzertiert weltweit mit renommierten Orchestern und Kammermusikpartnern. Gemeinsam mit Nicholas Rimmer – der junge Pianist studierte in Cambridge und Hannover und gehört zu den gefragtesten Kammermusikern und Liedbegleitern seiner Generation – gestaltet Schwabe einen Schumann-Ton, der von Leichtigkeit, Stringenz und sicherem Gefühl für Phrasierung und Artikulation gekennzeichnet ist. Manch schnelles Tempo überrascht, doch stets stimmt der Gestus. Dass Schumanns Musik keinerlei Schwerfälligkeit verträgt, dass alles Schwärmerische, aller Humor, aber auch die zarteste Poesie von subtilem Drängen erfüllt ist – Schwabe und Rimmer machen es überzeugend und mit großer Klangkultur hörbar. Die Werkreihe wird ergänzt durch zwei Kompositionen, deren Soloparts Schwabe für Cello adaptiert hat: die drei Romanzen op. 94 – ein 1849 entstandenes Originalwerk für Oboe und Klavier – sowie das Intermezzo aus der ursprünglich für Violine geschriebenen F.A.E.-Sonate.
Klarheit und zugleich tiefe Empfindsamkeit prägen auch die exzellente Aufnahme des Schumann’schen Cellokonzerts, Gabriel Schwabe wird begleitet von der Royal Northern Sinfonia unter Lars Vogt. Die Interpreten nehmen Schumanns verblüffend schnelle Metronomangaben nicht nur ernst, sondern zum Anlass, jenem oft vernachlässigten Aspekt nachzuspüren, der den Komponisten offenbar vorschwebte, als er seinem Verleger gegenüber das Cellokonzert als „durchaus heiteres Stück“ charakterisierte.
Gerhard Anders