Dvorák, Antonín

Cello Concerto in B minor op. 104 / Piano Trio No. 4 in E minor op. 90

Sebastian Klinger (Violoncello), Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, Ltg. Simon Gaudenz/Lisa Batiashvili (Violine), Milana Chernyavska (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Oehms Classics OC 1828
erschienen in: das Orchester 02/2016 , Seite 72

Bei seiner dritten CD für Oehms Classics hat sich Sebastian Klinger, der von 2004 bis 2015 erster Solocellist des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks war, für ein reines Dvorák-Programm entschieden. Wie nicht anders zu erwarten, erklingt dann auch zunächst das Cellokonzert. Der Komponist schuf es im Rahmen seines dreijährigen Amerika-Aufenthalts in New York und berichtet selbst darüber in einem Brief in die böhmische Heimat: „Ich habe ein neues Cellokonzert beendet und ich sage Ihnen aufs bestimmteste, dass dieses Konzert meine beiden anderen Konzerte […] bei weitem überragt.“
Dvorák verarbeitete in diesem Konzert schwere Schicksalsschläge, insbesondere die Herzerkrankung und den Tod seiner einstigen Jugendliebe Josefina Kounicová, der er mit eindeutigen Liedzitaten der gemeinsamen glücklichen Zeit ein Denkmal setzt. Widmungsträger war ursprünglich der Cellist Hanus Wihan; nach einigen Meinungsverschiedenheiten spielte bei der Uraufführung am 19. März 1896 in London jedoch der Engländer Leo Stern.
Sebastian Klinger, seit 2014 Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, gelingt es, dem Anspruch nach folkloristischem Tonfall und technischer Meisterschaft, die dieses Werk erfordert, mehr als gerecht zu werden. Im Vergleich zur gleichzeitig erscheinenden Aufnahme des Cellisten Johannes Moser bietet Klingers Interpretation deutlich mehr Ausdruckskraft und Nuancenreichtum. Der Solist zeigt insbesondere in den lyrischen Passagen eine geradezu sensible Spielweise, die fast zerbrechlich wirkt. Die Deutsche Radio Philharmonie, geleitet vom Schweizer Dirigenten Simon Gaudenz, erweist sich hierbei als eine musikalische Partnerin auf Augenhöhe.
Das zweite Werk der CD ist Dvoráks Dumky, sein viertes Klaviertrio. Das Wörtchen „Dumka“ hat seinen Ursprung im Ukrainischen und meint eine „Volksdichtung mit vorwiegend schwermütigem Charakter“. Der Komponist schrieb dieses Werk, kurz bevor er in die USA reiste, um in New York eine Direktorenstelle anzunehmen. Bei der Uraufführung im April 1891 übernahm Dvorák selbst den Klavierpart. Auf der vorliegenden Aufnahme wird Sebastian Klinger von der Geigerin Lisa Batiashvili und der Pianistin Milana Chernyavska begleitet. Mit den beiden verbindet ihn laut eigener Aussage „eine sehr einfache Form der Zusammenarbeit, da man sich seit langer Zeit kennt und regelmäßig in verschiedenen Besetzungen zusammenspielt“. Das Werk wird von den drei Musikern spannungsreich und geradezu fesselnd vorgetragen, besonders die teils schroffen Unterschiede zwischen den emotionalen Extremen werden ausgezeichnet herausgearbeitet. Dass der Dialog zwischen den einzelnen Instrumenten intelligent und abwechslungsreich geführt wird und die Musiker ihren eigenen Part mit Charakter vortragen, macht diese Aufnahme zu einem unverwechselbaren Erlebnis.
Mano Eßwein