Pietro Mascagni

Cavalleria rusticana

MDR-Rundfunkchor, Dresdner Philharmonie, Ltg. Marek Janowski

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Pentatone
erschienen in: das Orchester 11/2020 , Seite 68

Marek Janowski wurde vor allem durch seine CD-Einspielungen der Opern Richard Wagners mit dem Radiosinfonieorchester Berlin berühmt. Seit 2019 Chefdirigent der Dresdner Philharmonie, legt er nun unter Mitwirkung namhafter Gesangssolisten sowie des MDR-Rundfunkchors eine Aufnahme von Pietro Mascagnis viel gespielter Oper Cavalleria rusticana vor, eine US-amerikanische Produktion der San Francisco Classical Recording Company. Ob es ein Live-Mitschnitt einer konzertanten Aufführung – wie auf einem Foto im Booklet zu erahnen – oder eine Studioproduktion ist, lässt sich nicht feststellen.
Der Dramaturg Steffen Georgi, bekannt für seine Konzerteinführungen beim RSO Berlin, hat für das CD-Booklet einen blumigen und unterhaltsamen, etwas populärwissenschaftlichen Essay verfasst mit dem geheimnisvollen Titel „Santo diavolone“ (Heiliger Großteufel), ein in Süditalien wohl typischer Ausruf des Erstaunens, der auch den sensationellen Erfolg der Oper charakterisieren soll. Darin fällt besonders die Abgrenzung von bzw. der Vergleich zu Richard Wagner auf; Georgi zitiert Cosima Wagner, die in Mascagnis Stil nur Widerwärtiges finden kann, aber auch die zeitgenössische Musikkritik, die Mascagni preist, er habe „gegen das falsche und ungesunde Prinzip des Wagnerstils ein richtiges und gesundes wieder zu Ehren gebracht; daß es ohne Melodie keine Musik gibt, ohne gesungene Melodie keine Oper“.
Wohl im Zusammenhang mit der Produktionsfirma ist die Gesangsriege überwiegend in den USA beheimatet. Die Hauptrolle übernimmt die Sopranistin Melody Moore. Keine Frage, dass sie der Partie stimmlich gewachsen ist, sie beherrscht den lyrischen wie dramatischen Ausdruck gleichermaßen, lässt nur ganz selten den italienischen Schmelz vermissen. Brian Jagde beweist schon mit seiner ersten Auftrittsnummer, dem sizilianischen Lied „O Lola“, dass er den Belcanto zwar gut studiert hat, doch die Authentizität ein Stück weit fehlt, weiß aber in den Duetten mit Moore vor allem dramatisch zu überzeugen.
Die einzige echte Italienerin ist die Altistin Elisabetta Fiorillo als „Mama“ Lucia, in den 90er Jahren auch mit großen Rollen z. B. an der Bayerischen Staatsoper zu hören, mittlerweile 63 Jahre alt. Ihre Stimme hat nach wie vor ein leidenschaftliches Timbre. Lester Lynch verleiht der Rolle des gehörnten Ehemanns Alfio Kraft und Profil. Komplettiert wird die Besetzung durch die rumänische Mezzosopranistin Roxana Constantinescu als Lola, die sich musikalisch gegenüber dem Protagonistenpaar Santuzza-Turiddu nicht recht profilieren kann. Doch setzt sie sich stimmlich positiv durch ihre dunkle Färbung gegen Moore ab.
Der unprätentiöse, schlanke Orchesterklang der Dresdner Philharmonie verhilft der Partitur zu Klarheit und Transparenz, die Musik des „Preludio“ wirkt wie eine Vorahnung von orchestraler Filmmusik der 90er Jahre. Auch der Chor des MDR weiß durch gute Intonation und rhythmische Klarheit zu überzeugen.
Kay Westermann