Nielsen, Carl

Canto serioso

für Horn und Klavier, hg. von Dominik Rahmer, Fingersatz der Klavierstimme von Klaus Schilde, Partitur und Stimme

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Henle, München 2014
erschienen in: das Orchester 05/2015 , Seite 73

Für das Probespiel für Viertes Horn des Königlichen Theaters in Kopenhagen schrieb der dänische Komponist Carl Nielsen (1865-1931) im Jahr 1913 das Auftragswerk Canto serioso für Horn und Klavier. Der ehemalige Kapellmeister und Mitglied des Königlichen Theaters in Kopenhagen war dem königlichen Orchester eng verbunden. Nach einer ersten Niederschrift, einer Bleistiftskizze, fertigte Nielsen eine Reinschrift in Tinte, wovon mehrere Abschriften für die Hornprobespiel-Kandidaten durch den Kopisten erstellt wurden. Später bearbeitete er eine Fassung für Violoncello und Klavier. Für die hier vorliegende Urtextfassung bediente sich der Herausgeber Dominik Rahmer hauptsächlich der ersten Reinschrift als Hauptquelle und der ursprünglichen Skizze als Nebenquelle. Die übrigen Kopien wurden zum Vergleich herangezogen. Die Quellen stellen vollständiges Material dar, keine Fragmente. Das Fantasiestück mit dem Titel Canto serioso wurde erst dreizehn Jahre nach Nielsens Tod in den Fassungen für Horn und für Violoncello veröffentlicht.
Das Vorwort am Anfang der Klavierpartitur ist auf Deutsch mit englischen und französischen Übersetzungen. Es enthält Erläuterungen zur Entstehung des Werks, musikalische Besonderheiten sowie Danksagungen an den Verlag, an die königliche Bibliothek in Kopenhagen und an Katharina Fürholzer für die Übersetzung vom Dänischen ins Deutsche.
Canto serioso wurde für Tiefes Horn und Klavier komponiert. Mit einem Umfang vom notierten G bis fis” soll der Hornist die technischen Fertigkeiten besonders in der mittleren und tiefen Lage zeigen. Die lyrischen Melodien am Anfang und Schluss des Stücks (Andante sostenuto) drücken Sehnsucht und volkstümlichen Charakter aus und reichen mit langen Tönen bis in die extrem tiefe Lage. Im Mittelteil (Adagio molto) wird technische Vielseitigkeit und Flexibilität durch Spielen von Sechzehnteltriolen als gebrochene Akkorde im Staccato verlangt.
Dominik Rahmers Recherchen sind genau und nachvollziehbar. Bei den Bemerkungen am Schluss der Klavierpartitur gibt er präzise Auskunft zu den Quellen und zu dieser Edition. Die achtzehn Einzelbemerkungen sind bemerkenswert viel für ein derart kurzes Stück von nur 49 Takten.
Es werden hierin jedoch Fragen diskutiert, die teils ungeklärt bleiben: Ein Ton in der Hornstimme (T. 22) sowie einer im Klavierpart (T. 36) sind in den Quellen unterschiedlich notiert. Auch eine rhythmische Unklarheit der Klavierstimme (T. 24) ist erläutert. Anstatt punktierter Sechzehntel- und  Zweiunddreißigstelnoten könnten laut Herausgeber einfache Sechzehntelnoten möglich sein. Die anderen Bemerkungen betreffen ergänzte Dynamikzeichen oder unterschiedlich platzierte Legato- bzw. Haltebögen.
Diese Ausgabe des Henle-Verlags ist von hervorragender Druckqualität und für den Preis von neun Euro sicherlich kein Fehlgriff. Canto serioso hat bereits einen festen Platz in der Hornliteratur gefunden und ist mit dieser Urtextausgabe nun vollständig.
Thomas Swartman