Gottfried Pilz, Kerstin Schröder (Hg.)

Bühne Kostüm Regie

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Theater der Zeit, Berlin
erschienen in: das Orchester 3/2025 , Seite 69

Gottfried Pilz studierte an der Kunstakademie in Wien, war vier Jahre Assistent an der Wiener Staatsoper. Seine erste Bühnenbildassistenz führte ihn zu Wieland Wagner. Ab 1969 assistierte mehrere Jahre bei Rudolf Heinrich Filippo Sanjust. Festanstellungen verbanden ihn mit Bielefeld, Augsburg und Kiel. Von 1980 bis 1990 arbeitete er erfolgreich mit dem Regisseur John Dew zusammen und war maßgeblich am „Bielefelder Opernwunder“ mit seinen bemerkenswerten Ausgrabungen vergessener Werke beteiligt. Lange Zeit war er der Ausstatter von Götz Friedrich.
Gottfried Pilz ging es „um die Sichtbarmachung dessen, was hinter einer Wand steht, was auf der Bühne steht, was jenseits der Grenzen liegt. Grenzüberschreitungen waren sein Thema. Theater war für ihn immer ein „Umsetzen ins Heute!“ Fern allerdings von allem unverantwortlich bearbeitenden, selbstverliebt egomanischen, kommentierenden oder gar destruierenden Regietheater. Die Räume von Gottfried Pilz – von magischer und suggestiver Wirkung – sind stets feinfühlige und doch starke Licht- und Farbräusche, optische Stimmungen, traumhafte Welten.
Die Fotografin Karen Stuke, die seit den 1980er Jahren Gottfried Pilz begleitet und viele seiner faszinierenden Produktionen fotografierte, hat insbesondere mit ihren Camera-obscura-Aufnahmen seine Inszenierungen in besonderer Weise eingefangen. Sie gesteht, diese Form der Fotografie sei „keine dokumentarische, sondern eher verfremdende“. Sie belichtete das jeweils gesamte Theaterstück auf einem einzigen Bild mit einer Lochkamera.
Viele Fotografien, Plakate, Zeichnungen und Entwürfe hatte Gottfried Pilz 2011 der Theatersammlung des Stadtmuseums Berlin übergeben. Seine im Laufe der Jahre zunehmend abstrakte und minimalistische Bildsprache entwickelte Gottfried Pilz durch das intensive Studium von Libretto und Partitur konstant weiter.
Zu sehen sind im Buch Bühnenbilder und Entwürfe von 1985-2003. 15 von rund 250 Arbeiten werden in chronologischer Reihenfolge vorgestellt. Eine Liste sämtlicher seiner Inszenierungen dokumentiert den enormen Wirkungsradius des Theaterzauberers.
Gottfried Pilz, der zu den weltweit renommiertesten Bühnenbildnern zählt, hatte sich in den letzten Jahren aus gesundheitlichen Gründen vom Theater zurückgezogen. Inzwischen im Oktober 2024 verstorben, hat er zweifellos ein Stück Theater- und Inszenierungsgeschichte „der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts und des beginnenden 21. Jahrhunderts“ geschrieben, wie Bärbel Reißmann vom Stadtmuseum Berlin schreibt. Das verdienstvolle Buch, aber auch das Museum will „Gedächtnis für die Theatermacher und das Publikum“ sein.
Dieter David Scholz