Werke von Ethel Smyth, Susan Spain-Dunk, Constance Warren und Ruth Gipps

British Music for Strings III

British Women Composers, Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim, Ltg. Douglas Bostock

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: cpo
erschienen in: das Orchester 03/2022 , Seite 71

Ein leichtfüßiges und unbeschwertes Allegro con brio eröffnet die neue CD des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim. Es sind gute und warmherzige Töne, die in dieser Suite für Streicher op. 1a von Ethel Smyth (1858-1944) zu hören sind. Die englische Komponistin, eine wichtige und entschiedene Vertreterin der Frauenbewegung in Europa, stand dem Kreis um Johannes Brahms in Leipzig nahe, wo 1884 im Gewandhaus ihr Streichquintett uraufgeführt wurde. Das Werk wurde anschließend um eine Kontrabassstimme erweitert und hatte vier Jahre später in Lon-don seine zweite Premiere. In dieser Fassung wurde das Stück angeblich auch publiziert, wobei die Noten bis heute nicht mehr auffindbar sind.
Chefdirigent Douglas Bostock hat diese „verschollene“ Version anhand einer anderen existierenden Klavierfassung zu vier Händen für Streichorchester rekonstruiert, neu herausgegeben und für die CD eingespielt, auf der ausschließlich Werke britischer Komponistinnen versammelt sind. Der klare und transparente Klang, der dem Kammerorchester hier bestens gelingt, verdeutlicht, dass Ethel Smyths Musik eigenständig und erstaunlich „ungebrahmst“ ist, wie Musikwissenschaftler Lewis Foreman im informativen CD-Booklet schreibt.
Hier erfährt man auch, dass die Jahrzehnte unmittelbar nach der Jahrhundertwende für die britischen Komponistinnen vergleichbar günstig waren. Sie wurden gefördert und etwa bei den Proms in London und beim Dirigenten und Orchestergründer Dan Godfrey in Bournemouth relativ viel gespielt. Die Statistik belegt, dass von 1914 bis 1934 in 25 von 97 Orchesteraufführungen Werke von Frauen gespielt wurden, darunter auch Stücke der Komponistin Susan Spain-Dunk (1880-1962). Das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim hat ihre Suite für Streichorchester sowie das Lament für Streichorchester eingespielt. Auch hier überzeugt der durchweg feinfühlige und liebenswürdige Grundton der Interpretation, im letzten Satz der Suite in Dynamik und Ausdruck wunderschön dramatisch gesteigert.
Die Werke von Constance Warren (1905-1984), die lediglich in jungen Jahren als Komponistin aktiv war, entstanden während ihrer Studienzeit an der Royal Academy of Music, so auch die Komposition Heather Hill von 1930. Diese Tondichtung für Streichorchester bezieht sich auf einen Heidehügel, einen nicht weiter bestimmbaren Ort im Lake District oder in Schottland, und wartet mit einer reich verwobenen Streichertextur auf. Auch Gringlemire Garden op. 39 von Ruth Gipps (1921-1999) ist eine landschaftliche Tondichtung, die als Thema das Material eines englischen Volksliedes durchführt und in charakterliche Gegensätze wandelt.
In den hiesigen Konzertprogrammen tauchen sowohl Gipps als auch Warrens Werke so gut wie nie auf. Das Südwestdeutsche Kammerorchester jedoch hat damit jetzt sein Repertoire ausgeweitet. Eine gute Wahl: Hier lassen sich viele neue Entdeckungen machen.
Sven Scherz-Schade