Byrd, Händel, Purcell und anderen

British Classics

Andreas Martin Hofmeir (Tuba), Sächsische Bläserphilharmonie,

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin
erschienen in: das Orchester 05/2020 , Seite 71

Schon mehrere CDs hat die Sächsische Bläserphilharmonie beim Label Genuin herausgebracht – mit Schwerpunkten unter anderem auf Frankreich, Russland und Sachsen, der Heimat des Orchesters. Und um ein richtiges Orchester handelt es sich, genauer gesagt um das „einzige Kulturorchester Deutschlands, das in ausschließlich sinfonischer Bläserbesetzung auftritt“, wie uns das Beiheft informiert. Seit 70 Jahren gibt es die Formation schon, früher war sie als Rundfunk-Blasorchester Leipzig bekannt.
Auf ihrer aktuellen Veröffentlichung widmet sich die Sächsische Bläserphilharmonie nun Musik, die in Großbritannien entstanden ist – von Byrd, Purcell und Händel über Elgar bis zu Holst und Vaughan Williams. Die Feuerwerksmusik darf da nicht fehlen, von Purcell gibt es eine Suite aus The Fairy Queen, von Elgar den unverwüstlichen Pomp and Circumstance-Marsch Nr. 1 sowie „Nimrod“ aus den Enigma Variations. Gustav Holst ist mit seiner First Suite for Military Band vertreten und Ralph Vaughan Williams mit seinem Tubakonzert, interpretiert von Andreas Martin Hofmeir, dem unangefochtenen Star auf seinem Instrument.
Dem einen oder anderen Leser dürfte allerdings schon aufgefallen sein, dass es sich hier so gut wie ausnahmslos um Arrangements handelt. Am ehesten werden noch die Feuerwerksmusik und Holsts Suite in einer Form präsentiert, die annähernd dem Original entspricht. Das ist schade, da doch gerade Großbritannien eine so altehrwürdige und reichhaltige Tradition an Bläserensembles zu bieten hat – Wind Band, Brass Band, Military Band –, für die es auch zahlreiche ebenso interessante wie hörerfreundliche Originalwerke gibt, die es verdient hätten, eingespielt zu werden. Aber hier hat man wohl vorwiegend auf den Bekanntheitsgrad der Stücke geachtet.
Hinzu kommt, dass die Arrangements, so professionell sie sein mögen, den Unterschied zwischen den einzelnen Kompositionen ziemlich nivellieren, sodass letztendlich Purcell und Händel nicht weit von Elgar und Holst entfernt erscheinen. Natürlich sind die Klangkultur und der Ensemblegeist der Sächsischen Bläserphilharmonie unter der Leitung ihres Chefdirigenten Thomas Clamor allenthalben zu loben; brillanter kann man das kaum machen. Doch vor allem die älteren Stücke erklingen in einem gleichmäßigen Luxus-Sound der Marke „Goldene Trompeten“, der dieser Musik einiges von ihrer stilistischen Eigentümlichkeit raubt.
Den stärksten Eindruck hinterlässt die Holst-Suite und – nicht zuletzt aufgrund Hofmeirs ungemein souveräner und stilsicherer Interpretation – Vaughan Williams’ Tubakonzert. Doch letztlich wurde, was das Repertoire angeht, eine Chance vertan. Wer sich über die Vielfalt der britischen Blasmusik-Tradition informieren will, muss woanders suchen. So wie die Dinge liegen, ist die Einspielung vor allem für Hörer geeignet, die sich von edlen Bläserklängen verwöhnen lassen wollen. Aber dagegen ist ja letztlich auch nichts einzuwenden.
Thomas Schulz