Johannes Brahms, Antonín Dvořák

Brahms Symphony No. 3, Dvořák Symphony No. 8

Bamberger Symphoniker, Ltg. Jakub Hrůša

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Tudor Recording
erschienen in: das Orchester 10/2019 , Seite 64

Johannes Brahms hielt viel von dem jüngeren Antonín Dvořák. Er verhalf ihm als Jurymitglied des Österreichischen Staatspreises für Musik ohne Dvořáks Kenntnis für die Jahre 1875 bis 1878 zu einem Stipendium, und ab dem Jahr 1877, als Brahms sich zu erkennen gegeben und Dvořáks Klänge aus Mähren dem Berliner Verleger Fritz Simrock empfohlen hatte, waren sich die beiden Komponisten auch freundschaftlich verbunden. Das Werk, mit dem Dvořák erstmals eigene Wege zu gehen beginnt, ist seine 8. Sinfonie G-Dur op. 88 (ursprünglich als Nr. 4 veröffentlicht) aus dem Jahr 1889. Sie ist erklärtermaßen von Jugend an das Lieblingsstück des tschechischen Dirigenten Jakub Hrůša. Jetzt hat er Dvořáks Sinfonie Nr. 8 (zusammen mit Brahms’ Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90) mit den Bamberger Symphonikern vorgelegt, deren Chefdirigent er seit Herbst 2016 ist. Seine ausgesprochen einnehmende gestalterische Herangehensweise besticht durch die mit höchstem Feingefühl ausgezirkelte Zeichnung der Phra­sen. Beeindruckend gelingt im Kopfsatz, den Dvořák mehr rhapsodisch hält, als sich einmal mehr der traditionellen Form des Sonatenhauptsatzes zu beugen, die Balance des vorwärtsstürmenden Temperaments mit der Wärme und Ausdruckshaftigkeit in den beschaulichen Momenten. Der feinsinnige Umgang mit den wechselnden Ausdruckssphären, das agile Reagieren und nicht zuletzt die hohe Spielkultur der Bamberger können hier nachhaltig überzeugen. Das Adagio wird mit höchster Sensibilität ausmodelliert und voller Transparenz und feinster Zeichnung der farbigen Instrumentation austariert. In hoher Leuchtkraft und einem gleichsam veredelten rhythmischen Gestus sowie schattierungsreich in der dynamischen Gewichtung vermögen Hrůša und die Bamberger im Allegretto grazioso geradewegs zu betören, und im finalen Allegro ma non troppo beglücken Präzision, Durchsichtigkeit und die organische Verblendung in den geschmeidig gehaltenen Übergängen. Ebenso können Jakub Hrůša und die Bamberger Symphoniker in Brahms’ 3. Sinfonie F-Dur überzeugen. In deren Kopfsatz nehmen sich die Interpreten die Zeit für die spannkräftige Beweglichkeit einer kleingliedrigen Formulierung wie für das diffizile Abschattieren der Ausdruckszeichnung. Plastisch wird die Instrumentation aufgefächert, mit höchstem Feingefühl die musikalische Struktur ausgehört und ausgelotet. Bewundernswert ist die fantastische Präzision, mit der die Bamberger diese Fülle an Differenziertheit umzusetzen verstehen. Klanglich bis ins Letzte ausgefeilt und außerordentlich kultiviert bekommt man das Andante zu hören, eher kantabel gehalten als dramatisch aufgeladen und wunderbar durchhörbar das Poco Allegretto. Im Allegro begeistert das hohe Spannungsmoment, das jeder noch so kleinen Motivgruppe Bedeutung beimisst und doch alles mit größter Selbstverständlichkeit in einen organischen musikalischen Fluss bringt. Bezaubernd gelingt der verwehende Schluss des Finales!
Thomas Bopp