Büchler, Norbert

Bilder einer Ausstellung

Roman

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Books on Demand, Norderstedt 2014
erschienen in: das Orchester 07-08/2015 , Seite 66

Chaos im Orchester: Bei einer Tournee in der Schweiz erkrankt ein Drittel der Mitglieder plötzlich an einer Lebensmittelvergiftung, der cholerische Chefdirigent Antonio Giamotti ist außer sich und Orchestermanagerin Anne muss schnellstens Ersatzmusiker finden. In ihrer Not ruft sie auch ihren Ex-Mann an, den Geiger Frank Beckmann, der gerade in der Gegend ist und sich bereit erklärt, einzuspringen. Die Vorstellung kann wie geplant stattfinden und danach lädt der wieder versöhnte Giamotti die Musiker zu einem Abend in seiner Villa ein. Dort entdeckt Frank ein Gemälde, das er zu kennen glaubt. Hing nicht genau dieses Bild in seiner Kindheit bei seinen Eltern? Aber wie kommt es dann zu Giamotti? Die Sache lässt Frank nicht los, er beginnt, Nachforschungen anzustellen und gerät dabei immer tiefer in den Sog einer Geschichte, in der ein jüdischer Kunsthändler, eine verschollene Gemäldesammlung, ein deutscher Spediteur, eine italienische Großmutter und Franks eigener Vater eine Rolle spielen.
Die Handlung von Norbert Büchlers Roman hat durchaus Potenzial. Vor dem Hintergrund des Orchesteralltags entwirft der Autor einen komplexen Plot, der bis in die 1930er Jahre führt und mit zahlreichen Verästelungen aufwartet. Frank beginnt eine Affäre mit Juliette, einer jungen Geigerin, deren Großvater möglicherweise in einen Kunstraub verwickelt war; Juliette bewirbt sich bei Giamottis Orchester um eine Stelle und kann sich nicht erklären, warum der Chefdirigent sie ablehnt, obwohl er sie nur einmal gesehen hat; Anne schäumt vor Wut, weil sie Franks junge Geliebte nicht im Orchester haben will; und die Kulturreferentin Beatrice stößt in Giamottis Villa ebenfalls auf ein Gemälde, ein Porträt ihrer Großmutter Francesca, und will herausfinden, was es damit auf sich hat, was sie wiederum Franks Weg kreuzen lässt. Gerade diese verschiedenen Handlungsebenen bilden allerdings auch das größte Problem des Romans: Allzu verwirrend wird die Geschichte, allzu unglaubwürdig sind die Verstrickungen der Protagonisten untereinander, der eigentliche Hauptstrang – Franks Recherchen und die Entdeckungen in seiner Familiengeschichte – droht fast unterzugehen.
Am unterhaltsamsten wird Büchler immer dann, wenn er von den Irrungen und Wirrungen im Orchester erzählt und dies mit ironischen Seitenhieben auf den Musikbetrieb würzt. „Aber die Musik, das Niveau, der Anspruch, zählt das denn nichts?“, fragt Juliette und Frank erwidert trocken: „Wird sowieso versaut vom Dirigenten.“ Solche Momente sind freilich selten in einem über weite Strecken recht hölzernen Roman, der selbst nicht recht zu wissen scheint, in welche Richtung die Reise eigentlich gehen soll. Die Idee, die hinter all dem steckt, hätte ein vielschichtiges und spannendes Buch ergeben können. Herausgekommen ist jedoch ein Text, der sich hoffnungslos in sich selbst verwickelt, dem es an literarischer Kunstfertigkeit mangelt und der letztlich viel zu viel will, um überzeugen zu können.
Irene Binal