Schumann, Robert
Bilder aus Osten
op. 66 für Klaviertrio bearbeitet von Rudolph Palme (1834-1909), hg. von Joachim Draheim und Roland Heuer, Partitur und Stimmen
Die Familien-Soiréen, die der Bearbeiter Rudolph Palme bei seiner Klaviertrio-Fassung von Robert Schumanns eigentlich für Klavier zu vier Händen geschriebenen Bildern aus Osten im Sinn hatte, dürften heute leider selten geworden sein. Gleichwohl gibt es gerade im Bereich des Klaviertrios zwar viele großartige und großformatige Konzertwerke, aber nur wenige kleinere, leichtere Werke von kompositorischem Rang, die man etwa einer Nachwuchs-Formation empfehlen könnte. Immerhin hat Schumann selbst mit seinen vier Fantasiestücken op. 88 ein hervorragendes Beispiel für dieses Genre geliefert; insofern darf die jetzt im Ikuro-Verlag neu aufgelegte Bearbeitung von Opus 66 als wertvolle Ergänzung in diese Richtung gelten.
Vergleicht man die bei Kistner in Leipzig bereits sorgfältig edierte, inzwischen vergriffene Originalausgabe mit der Ikuro-Edition, so zeigt sich, dass beim Neusatz die Seiteneinteilung in der Klavierpartitur mit einer kleinen Ausnahme völlig identisch geblieben ist. Lediglich bei den Streicherstimmen wurde etwas anders aufgeteilt, durchaus im Sinn von Lese- und Blätterfreundlichkeit. Gelegentliche Ergänzungen von Dynamik und Bögen sind ebenfalls als Verbesserungen in der Neuausgabe anzusehen.
Die Bilder aus Osten reflektieren Schumanns für 1848 belegte Lektüre der Makâmen von Friedrich Rückert (1788-1866), Erzählungen, die der Dichter und Orientalist 1826 bzw. 1837 den arabischen Texten des Hariri aus Basra (1054-1122) nachgebildet hat. Abu Seid, der Held des Buchs, ist eine eulenspiegelartige Figur. Er beschließt nach zahlreichen Abenteuern, wie Schumann selber über sein Finalstück schreibt, sein lustiges
Leben in Reue und Buße. Wenn man weiß, dass Schumann auch Gedichte aus Goethes West-Östlichem Divan vertont hat, und zudem sein Oratorium Das Paradies und die Peri berücksichtigt, so steht Opus 66 somit in einer weitläufigen, von Schumann bewusst aufgenommenen Tradition westlicher Auseinandersetzung mit arabischer und persischer, immer auch islamisch geprägter Literatur im 19. Jahrhundert.
Auffällig ist in Schumanns vierhändigem Original die ausschließliche Verwendung der dunklenb-Tonarten wie b-Moll, Des-Dur und f-Moll. Hier hat der seit 1864 als Organist in Magdeburg wirkende Rudolph Palme (1834-1909) streicherfreundlich eingegriffen und alle sechs Stücke um einen Halbton nach oben bzw. nach unten transponiert. Ansonsten hält sich seine Fassung eng an den Schumannschen Originaltext, mit allen gebotenen Abwandlungen, die eine Übertragung in ein streicherbestimmtes Kammermusikformat nahelegt.
Der Karslruher Schumann-Forscher Joachim Draheim gibt in der Neuausgabe einen gewohnt kompetenten Überblick über Entstehungsgeschichte und kulturelles Umfeld des Originals wie der Bearbeitung.
Rainer Klaas