Ludwig van Beethoven / Alban Berg
Between Heaven and Earth. Violin Concertos
Yvonne Smeulers (Violine), Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt (Oder), Ltg. Peter Kuhn
Die internationalen Geigenvirtuosen bedauern, dass Beethoven nur ein einziges Violinkonzert vollendet hat. Dies gilt umso mehr im Jahr des 250. Geburtstags des Komponisten, in dem es – wenn auch reduziert durch die Corona-Krise – vielfältige Aufführungen zu seinen Ehren gibt, in denen natürlich die fünf Klavierkonzerte eine prominente Rolle spielen.
Das für den befreundeten Geigenvirtuosen Franz Clement (1780-1842) komponierte und von diesem am 23. Dezember 1806 bei einem seiner Konzerte im Theater an der Wien uraufgeführte Stück vereint, wie es im Booklet dieser CD mit dem Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt unterstrichen wird, „den ernsthaften Ton von Beethovens großen ‚humanistischen‘ Werken mit einer großen Leichtigkeit“. Immer wieder scheine, über alle drei Sätze des Konzerts hinweg, der Himmel aufzugehen.
Gewiss passt es dazu, dass sich in der Person der Niederländerin Yvonne Smeulers eine noch relativ junge Künstlerin diesem Stück widmet. Natürlich ist sie, die schon als Schülerin im Concertgebouw in Amsterdam mit dem Violinkonzert von Tschaikowsky debütierte, was ihr die Bezeichnung „Wunderkind“ einbrachte, seit 2003 mit vielen Preisen ausgestattet und längst international gefragt. So taten der Dirigent Peter Kuhn und das nominell von GMD Jörg-Peter Weigle geleitete BSOF mit Smeulers einen guten Griff für diese CD-Produktion.
Nach der sehr kraftvollen, über drei Minuten dauernden Orchestereinleitung des Kopfsatzes Allegro ma non troppo feiert Smeulers den leuchtenden Ton der ihr zur Verfügung gestellten Guadagnini-Geige von 1785 in wohlabgewogenen dynamischen Proportionen. Die unbegleiteten Kadenzpassagen gegen Ende des langen Satzes geben ihr die Gelegenheit, ihre ganze Virtuosität zu demonstrieren. Das folgende Larghetto interpretiert sie mit großer Ruhe, doch trotz des vorherrschenden Ernstes hat ihr Gestus und ihr Ausdruck musikalischen Charme. Jugendlicher Optimismus beflügelt das Spiel der Solistin im abschließenden Rondo.
Als zweites Werk bietet das BSOF mit Yvonne Smeulers das zwölftönig geschriebene Violinkonzert Dem Andenken eines Engels von Alban Berg, Anfang 1936 – erst wenige Monate nach dem Tod des Komponisten Ende 1935 – von Hermann Scherchen uraufgeführt. Es war dies eine Art von Requiem für die an Kinderlähmung gestorbene Manon Gropius, Tochter von Walter Gropius und Alma Mahler, und gilt als eine der schwierigsten und anspruchsvollsten Partituren der Moderne.
Trefflich bewähren sich sowohl die Solistin als auch das seit langem mit einem vielfältigen Repertoire – etwa auch Cross-over- und Filmmusik bei Konzerten an der Frankfurter Universität Viadrina – vertrauten BSOF unter Peter Kuhn. Der erste Satz Andante – Allegretto gilt als Porträt Manons,
in dem eine Volksweise aus Kärnten anklingt und auf den Ort verweist, an dem Berg Manon erstmals traf. Der tiefernste Charakter des Werks wird im Allegro – Adagio greifbar im Zitat aus der Bach-Kantate O Ewigkeit, du Donnerwort.
Günter Buhles