Weikert, Ralf

Beruf Dirigent

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Böhlau, Wien 2017
erschienen in: das Orchester 09/2017 , Seite 59

Als einen Generaleinblick in den Beruf des Dirigenten will Ralf Weikert sein Buch Beruf Dirigent verstanden wissen. Er möchte praktische Ratschläge zu Grundfragen von Musik und Interpretation geben und damit „jungen angehenden Dirigenten und Musikern Einsichten in diesen vielleicht schönsten Beruf vermitteln“.
Weikerts Vorgehensweise ist dabei ebenso simpel wie lehrreich: Beim Lesen entsteht der Eindruck, als würde der Autor vor einem sitzen und seinen Lebensbericht als Dirigent abgeben. Wie in einem Tonbandinterview geschieht das vor allem narrativ, zugleich jedoch uneitel und bescheiden sowie vielfach durch persönliche Erfahrungen untermauert. Dabei spannt Weikert den Bogen von der Ausbildung zum Dirigenten über das Partiturstudium bis hin zum vermeintlichen Zwiespalt von Oper und Konzert. Er streift Fragen zu Stimme und Instrument, macht Einlassungen zu Proben und Konzert und landet schließlich bei fundierten Anmerkungen zu Verdi, Wagner, Strauss und Mozart – wobei die ungemein reichen Erfahrungen Weikerts sowie seine tiefen Werkkenntnisse gerade hierbei stupende Einblicke vermitteln.
Gelegentlich werden Notenbeispiele mit erläuternden Anmerkungen eingefügt, etwa mit Blick auf Tempoübergänge in Mozarts Ouvertüre zu Don Giovanni oder in Schuberts großer C-Dur-Symphonie. Und wenn Detailfragen zur Abdämpfung des Orchesters in Wagners Tristan erörtert werden, merkt man in jedem Satz, wie häufig der Autor den „ewigen Kampf“ im Dreieck zwischen Dirigent, Orchester und Sängern hat ausfechten müssen.
Bei der Darstellung aller technischen und interpretatorischen Fragestellungen, bei den Ausflügen in die Welt der Probenarbeit sowie beim Streifen zwischenmenschlicher Probleme steht letztlich doch immer die Musik selbst im Zentrum. Dabei entpuppt sich Weikert als ganz und gar traditionell agierender Dirigent, der die Werktreue und den Respekt vor dem Willen des Komponisten unbeirrbar im Fokus hat. Seine Sichtweisen sind dabei ebenso unideologisch wie unorthodox, und das generelle Verbleiben an der Oberfläche ist wohl ganz sicherlich der Begrenzung von 190 Buchseiten geschuldet. An das Narrative bei der Aufbereitung des Stoffs und damit an das sprachlich eher Unfertige hat man sich schnell gewöhnt. Lediglich auf den Anfangsseiten 11 bis 13 war der Lektor nicht streng genug, hier tauchen doch arg viele Holprigkeiten auf.
Ein typisches Lehrbuch im Sinne einer methodisch-systematischen Aufbereitung des Dirigierhandwerks will Weikerts Erinnerungsband auf keinen Fall sein. Der angehende Dirigent soll vielmehr durch die praktischen Erfahrungen des Autors für den Beruf des Dirigenten motiviert, belehrt und konditioniert werden. So gesehen ist das Buch ein lesenswertes Additiv zu den großen Lehrwerken und auch zum Studium.
Thomas Krämer

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