Peter Buske

Berlin: Haremsdramen

Filmlivekonzert mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg

Rubrik: Bericht
erschienen in: das Orchester 02/2022 , Seite 56

Außer an Soundtracks für zahlreiche nationale und internationale Filmproduktionen war das Deutsche Filmorchester Babelsberg bislang auch an rund 200 CD-Produktionen, diversen Fernsehshows und Galas beteiligt. Zudem ist es der filmmusikalischen Meistertruppe gelungen, eine Renaissance der sogenannten Filmlivekonzerte – also Stummfilmvorführungen mit großorchestraler Livebegleitung – als ein nutzbringendes Markenzeichen umzusetzen. Im Potsdamer Nikolaisaal gab es Mitte November 2021 nun sogar eine Erstaufführung – und zwar der Neu-Orchestrierung der Musik von Victor Hollaender zu Ernst Lubitschs Stummfilm Sumurun (1920) durch den Dirigenten, stellvertretenden Soloposaunisten der Brandenburger Symphoniker sowie leidenschaftlichen Entdecker und Rekonstrukteur verschollener Filmpartituren Burkhard Götze. Durch einen Zufall entdeckte er bei der Kino-Organistin Anna Vavilkina den vergilbten Klavierauszug der Originalmusik von Victor Hollaender, die er rekonstruierte und nun auch dirigierend zu neuem Klangleben erweckte.
Sie entpuppt sich als eine angemessene Zutat, charakterisiert pointiert, gibt sich komisch, heiter, verspielt und ironisch. Sie zaubert Orientalisches herbei, dräut dramatisch, wo Unheil wabert, lockt mit laszivem Bauchtanz, peitscht Eifersucht an, klagt schmerzvoll über unerwiderte Zuneigung und schwelgt melodienselig in Liebeswonnen. Die Musiker stürzen sich voller Verve in das aktionsreiche, jedoch auch ein wenig unübersichtliche Geschehen, reagieren szenengenau auf die zeichengeberische Perfektion des Dirigenten und geben der expressiven Bildsprache die klangliche Entsprechung. Was allerdings sehr oft zu einer ohrenunfreundlichen Lautstärke führt.

 

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