Werke von Francis Poulenc, Ludwig van Beethoven, Guillaume Connesson und anderen

Berlin Counterpoint

Woodwind Quintet and Piano, Aaron Dan (Flöte), Viola Wilmsen (Oboe), Sacha Rattle (Klarinette), Heidi Elizabeth Mockert (Fagott), Andrej Žust (Horn) und Zeynep Özsuca (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 14317
erschienen in: das Orchester 02/2015 , Seite 79

Hier sind Spitzenkräfte am Werk. Da mit Francis Poulencs Sextett op. 100 als erstem Stück dieser CD die Messlatte gleich zu Beginn ganz hoch gelegt wird – und das nicht, weil diese Musik viele spieltechnische Tücken hat, sondern weil das junge Ensemble wirklich jeden Takt herausragend präsentiert –, gelingt es schon nach wenigen Sekunden, den Hörer komplett in den Bann zu ziehen. Fast müßig zu erwähnen, dass sich in diesem Sextett hervorragende Musikerinnen und Musiker zusammengefunden haben, die hörbar Freude an dieser Besetzung haben. Alle Ablösungen laufen wie am Schnürchen, Intonation und Artikulationen lassen nichts zu wünschen übrig und musikalisch bleibt es bis zum letzten Ton spritzig.
Beethovens Quintett für Klavier und Holzbläser op. 16 folgt und kommt ebenso frisch daher. Dabei spielen die Musikerinnen und Musiker sich nicht nach vorn, sondern lassen ihre Instrumente, virtuos und kultiviert, einfach herrlich singen. Ob das Horn kiekserfreie Kantilenen anstimmt, die Oboe zart begleitet oder die Klarinette singt, es gelingt immer alles. Pianistin Zeynep Özsuca gefällt auch hier, wie schon bei Poulenc, mit ihrer nicht allen Pianisten gegebenen Fähigkeit, als Mitglied eines Ensemb­les zu agieren. Falls nötig, wird sie auch zur sanften Begleiterin – oder strahlenden Solistin.
Guillaume Connessons Techno Parade überrascht mit steter Motorik und ekstatisch staccato blasender Flöte, die das mit verblüffender Leichtigkeit tut. Hohe Klarinettentöne und ein den Rhythmus fast pumpendes Klavier mit seinen vielen Tonrepetitionen schicken die Ohren in eine ganz andere, faszinierende Musikwelt. Samuel Barbers Summer Music op. 31 folgt, verträumt und blitzeblank gespielt: wieder eine andere musikalische Stimmung, wieder technisch brillantes und musikalisch betörend schönes Spiel.
Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28 gibt es zum Schluss, gute 15 Minuten vollstes Klangvergnügen, technisch perfekt und saftig gespielt. Das bunte Arrangement schrieb Aaron Dan, Flötist des Ensembles Berlin Counterpoint. Die Farbigkeit des großen romantischen Orchesters hat er gut auf die weitaus kleinere Besetzung des Sextetts übertragen. Nur selten einmal vermisst man den gewohnten Schmelz der vielen Streicher oder nimmt überrascht zur Kenntnis, dass ein Klavier in dieser Sinfonischen Dichtung ganz gut eben diese Streicher ersetzen kann, wenn man diese Musik im anderen Gewand hören möchte. Das Horn (Andrej Žust) brilliert und lockt und spielt mit Klangfarben in jeder Lage. Die Oboe (Viola Wilmsen) singt und tanzt anmutig und hat trotzdem eine Menge Substanz im Ton. Fagottistin Heidi Elizabeth Mockert und Klarinettist Sacha Rattle, Sohn von Simon Rattle, gefallen selbstverständlich ebenso wie der Rest der tollen Truppe.
Bleibt nur zu hoffen, dass Orchesterstellen und weitere musikalische Verpflichtungen dem Ensemble Berlin Counterpoint genügend Luft lassen, in absehbarer Zeit wieder einen so durch und durch gelungenen Silberling vorzulegen.
Heike Eickhoff