Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn und Beethoven-Haus Bonn (Hg.)

Beethoven. Welt.Bürger.Musik

Ausstellungkatalog

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Wienand
erschienen in: das Orchester 01/2021 , Seite 61

Ein schwacher Mensch wird diesen Dickleiber mit imponierendem Gewicht kaum heben können. Das Buch taugt daher nicht als Bettlektüre, sondern sollte beim Lesen auf den Tisch gelegt werden. Die rote Farbe, die für das Buchcover und auch für die Kapitelübersicht eingesetzt wurde, ist ebenso attraktiv wie dramatisch, denn sie steht für Liebe und Leidenschaft und symbolisiert auch das (innere) Feuer des Musikers. Über alle diese Eigenschaften dürfte derjenige, um den es hier geht, verfügt haben, denn Ludwig van Beethoven war eine interessante, nicht ganz unkomplizierte Persönlichkeit und ein nicht leicht einzuordnendes Individuum. Er war eines der wenigen Genies der Musikgeschichte und rangiert noch heute bei den Aufführungen klassischer Musik – neben Mozart – ganz vorne.
Der schwergewichtige, empfehlenswerte Band ehrt den Musiker, der es im Alltag (auch aufgrund seiner Schwerhörigkeit, die schließlich in Taubheit mündete) nicht leicht hatte und dem wie so vielen Komponisten die angemessene Anerkennung erst gezollt wurde, als er schon tot war. In fünf Kapiteln wird spannungsreich Beethovens Lebensweg nachgezeichnet. Begonnen wird mit seiner Geburtsstadt: „Bonn – Beruf Musiker“ (1770-1792). Darauf folgt „Wien – neue Horizonte“, wobei die Jahre 1792 bis 1801 in den Fokus gerückt werden. Es geht dann weiter mit „Wege zum Erfolg“ (1802- 1812), „Der Ruhm und sein Preis“ (1813-1818) und schließlich „Beethoven grenzenlos“ (1819-1827). Alle Facetten in der Vita des Genies werden kenntnisreich ausgeleuchtet. Man sollte sich daher viel Zeit nehmen. So lernt man den Musiker genau kennen und wird dabei auch gründlich über sein Umfeld informiert.
Auf dem Cover des festlich schimmernden Bandes begegnet uns das Genie in wilder Pose, reduziert auf den stilisierten Kopf, die etwas ungelenk wirkenden Finger und eine Notenausgabe vor den Tasten des Klaviers. Im Text geht es dann weniger heftig zu. Er ist ebenso seriös wie gut recherchiert, ebenso kenntnisreich wie spannend, und wird durch aussagestarke Illustrationen ergänzt. Man kommt also allein schon beim Blättern auf seine Kosten. Es erscheint fast unmöglich, die gebotene Fülle von Informationen und Darstellungen zu verkraften. Sieht man sich alles in Ruhe und mit verständlicher Neugier an, wird man Wochen brauchen, um die gewonnenen Erkenntnisse zu verdauen.
Zu den Autoren zählen unter anderem: Norbert Schloßmacher, Ingrid Bosch, John D. Wilson und Barbara Vinken, die an den Chuck- Berry-Song Roll over Beethoven erinnert, den auch die Beatles gesungen haben. Vinken erinnert sich, dass eine Replik von Beethovens Totenmaske über dem Blüthner-Flügel ihrer Schwiegermutter hing – ein Beispiel für die lebendige Erzählweise der Autoren, die es ermöglicht, sich ein Bild zu machen von ihrem jeweiligen Umfeld.
Heide Seele