Martin Geck

Beethoven

Der Schöpfer und sein Universum

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Siedler, München
erschienen in: das Orchester 02/2018 , Seite 61

Der an der Uni in Dortmund lehrende Musikwissenschaftler Martin Geck hat schon mit einer ganzen Reihe von Publikationen zu Recht große Beachtung gefunden. Und das nicht nur in akademischen Zirkeln, sondern bei einem breiten Publikum, das Interesse an einem fundierten, aber doch verständlichen Zugang zu den großen Figuren und Themen der Musikgeschichte hat. 2000 erschien ein hoch gelobtes Buch über Bach von ihm, 2006 eines ebensolches über Mozart. Nun hat Martin Geck einen Band über Beethoven herausgebracht – und das schon drei Jahre vor dem Beethoven-Jahr 2020, das schon die alte Bundesregierung zur nationalen Aufgabe erklärt hat.
Geck hat gerade über Beethoven im wissenschaftlichen Rahmen intensiv geforscht und wichtige Studien erstellt. So verfügt er über einen entsprechend breiten Hintergrund für einen unkonventionellen Zugang zu dem Bonner Meister und seinem Werk.
Universum ist dabei der Schlüsselbegriff. Wie in den Weiten des grenzenlosen Alls lässt sich der Autor nicht von der Schwerkraft einer fest umrissenen Gedankenmaterie anziehen, sondern er landet immer wieder aufs Neue wie auf Planeten bei Personen, die mit Beethoven als Vorbilder, Zeitgenossen oder nachgeborene Rezipienten zu tun haben. In der Auseinandersetzung mit diesen Menschen, ihrer Geschichte oder ihrer Auffassung von Beethoven und seiner Musik entwickelt Martin Geck dann seine eigene Deutung.
Eingefasst ist diese Reise im Raum um Beethoven durch zwölf übergeordnete Themen, die zum Beispiel Titanismus, Natur, Tollheiten im Umfeld der Eroica, Struktur und Gehalt, Utopien, Virtuoses Klavierspiel im Zeichen Beethovens oder Beethoven en France heißen. Schon diese Einteilung ist originell. Erst recht ist es die Wahl der pro Oberbegriff je drei Zeugen vor, mit und nach Beethoven, mit denen der Autor sich auseinandersetzt. Nicht nur Musiker wie die berühmten romantischen Kollegen Schubert, Schumann, Mendelssohn, Wagner oder Liszt kommen vor, auch Dichter wie Shakespeare, Jean Paul oder Aldous Huxley oder Maler wie Tintoretto und Caspar David Friedrich. Dazu kommen Philosophen und natürlich Interpreten.
Es versteht sich, dass in diesem Buch, das keineswegs von vorne nach hinten durchgegangen werden muss, sondern auch in seinen einzelnen Kapiteln mit Gewinn zu lesen ist, eine große Fülle von Analysemethoden und Deutungsansätzen zur Sprache kommen. Martin Geck liefert kein fest gemauertes und erdenschweres Gedankengebäude, sondern gleitet gleichsam zwischen ganz verschiedenartigen, aber immer sehr substanziellen Reflexionen über Beethoven hin und her. Das gibt den Betrachtungen Weite und Tiefe. Die spezielle Anlage erlaubt sowohl konkrete musikologische Überlegungen – wie beim immer wieder interessanten Vergleich zwischen Beethovens und Schuberts Kompositionsweise – als auch geistesgeschichtliche Betrachtungen. Immer erfährt der Leser auch einiges über die Personen, die als Bezugspunkt dienen. Es ist ein spannendes und faszinierendes Beethoven-Buch der besonderen Art.
Karl Georg Berg

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