Werke von Jean Françaix, Henri Tomasi, André Jolivet und Heitor Villa-Lobos

Bassoon Concertos

Matthias Rácz (Fagott), Stuttgarter Kammerorchester, Ltg. Johannes Klumpp

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Ars Produktion ARS 38 174
erschienen in: das Orchester 06/2016 , Seite 75

Etienne Ozi begründete Ende des 18. Jahrhunderts das französische Fagottspiel mit dem Ideal von „Natürlichkeit, Anmut und Grazie“. Diese Aussage entspricht auch dem kompositorischen Anspruch von Jean Françaix (1912-1997), eine „Musique sérieuse sans gravité“, also mit eigener Handschrift eine ernste Musik ohne Schwere zu schaffen. Dies mit einem Klangideal, das ein spielfreudiges, unterhaltsames und leichtfüßiges Hörerlebnis vermittelt. So sind die beiden Werke, das Divertissement für Fagott und Streichquintett (Divertimento pour basson et quintette à cordes) aus dem Jahr 1942, hier mit Streichorchester, und das Konzert für Fagott und 11 Streichinstrumente (1979) beispielhaft für seine meisterhafte Beherrschung einer virtuosen Stimmführung und einer geistreichen Orchest­rierung.
Zwei Werke seiner beiden französischen Komponistenkollegen, das Konzert für Fagott und Streicher mit Harfe (1961) von Henri Tomasi (1901-1971) und von André Jolivet (1905-1974) das Konzert für Fagott, Streicher, Harfe und Klavier (1954), fügen sich in sinnvoller Weise in diese Klangwelt französischen Farbenreichtums ein. Anmut und Spielwitz prägen die Komposition von Tomasi mit farbig launiger, rhythmisch feuriger Musik, aber auch mit ausdrucksvoller und tiefer Leidenschaft. Das Konzert von André Jolivet zeigt kompositorisch Satz für Satz die Idee einer geistreichen, originell aufgebauten Tonsprache mit einer teils exotischen Instrumentation, vielfältigen Klangfarben, verbunden mit jazzigen Elementen.
Bei Ciranda das sete notas aus dem Jahr 1933 von dem bedeutendsten brasilianischen Komponisten Heitor Villa-Lobos handelt es sich um eine national gefärbte Musik mit einem Bezug auf folkloristische Elemente seiner Heimat. Ausgangspunkt dieser Komposition sind die im Titel genannten „sete notas“ – sieben Noten, die zu Anfang des Stücks in einer aufsteigenden diatonischen Linie und später auch in veränderter gesanglicher, rhythmischer und virtuoser Form dargestellt werden.
Matthias Rácz ist es im Zusammenklang mit dem kultiviert und auf hohem Niveau delikat begleitenden Stuttgarter Kammerorchester unter der künstlerischen Leitung des Dirigenten Johannes Klumpp gelungen, sein hohes instrumentales Können und seine bläserische Klasse mit inspirierender Virtuosität unter Beweis zu stellen. Er erhielt seine Ausbildung in der Talentschmiede von Fritz Finsch in Berlin und studierte bei Dag Jensen in Hannover. Schon während seiner Ausbildung erhielt er verschiedene Auszeichnungen. Im Jahr 2002 gewann er 1. Preise beim Internationalen Wettbewerb „Prager Frühling“ und dem ARD Musikwettbewerb
in München. Mit 21 Jahren war er bereits Solofagottist des Gürzenich-Orchesters Köln, seit 2003 ist er in gleicher Position im Tonhalle-Orchester Zürich tätig.
Fazit: eine Einspielung, die auf hohem Niveau ein gelungenes und interessantes Hörerlebnis in Verbindung mit einer überzeugenden spielerischen und klanglichen Eleganz darstellt.
Alfred Rinderspacher