Hindemith, Paul / Robert Kahn / Alan Richardson u.a.

Bassoboe Viola Klavier

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Ortus om 173
erschienen in: das Orchester 09/2014 , Seite 83

Auf der Suche nach dem besonderen Klang haben Komponisten zu allen Zeiten die Instrumentenbauer auf neue Ideen gebracht. Angeblich hat Wagner die Wiesbadener Firma Heckel angeregt, eine Oboe zu bauen, die das Sopraninstrument in die Tenorlage transponiert. Diesem Heckelfon, dem Richard Strauss u.a. in der Elektra und der Alpensinfonie, Gustav Holst in The Planets besondere Auftritte inszenierten, hat auch Paul Hindemith 1928 ein ganzes Trio geschrieben. Dieses zweisätzige, formal gänzlich unkonventionelle, melancholisch bis temperamentvolle Werk für Viola, Klavier und Heckelfon gilt als Keimzelle des nach wie vor sehr überschaubaren Repertoires für diese Kammermusikbesetzung.
Nach einer Duo-CD vor drei Jahren bringen die Oboistin Sabine Kaselow und der Pianist Jens Hoffmann nun im Verein mit dem Bratscher Christoph Starke ebenfalls beim kleinen brandenburgischen Ortus-Musikverlag eine Trio-CD heraus, die beeindruckend Werbung für die Bassoboe macht – neuzeitlicher Nachfolger des Heckelfons. Kaselow entlockt ihrem Instrument mit großer Lust und ebensolchem Vermögen jene Klangfarben, die irgendwo zwischen Englischhorn und Fagott anzusiedeln sind.
Sie kann wunderbare Kantilenen spannen, meistert genauso gekonnt die vertrackteren Passagen. Beim Hindemith-Trio tritt das Vermögen der drei Musiker am deutlichsten zutage: Sämtlich versierte Kammermusiker, lassen sie ihren Partnern Raum, geben die nötigen Impulse, wissen jederzeit, wohin die gemeinsame Reise führt. Der Ton ihres Spiels ist sachlich kühl, die versammelten Werke werden hier einer interessierten Öffentlichkeit quasi vorgestellt, bevor die Farbe einer subjektiven Interpretation sie überdeckt. Allenfalls Christoph Starke an der Viola trübt den profunden Gesamteindruck mit einer zu Unschärfen neigenden Intonation.
Gleichwohl genießt der Hörer die stilistische und klangliche Vielfalt der hier präsentierten Werke. Noch ganz der Romantik verhaftet sehnt sich die f-Moll-Serenade des 1951 verstorbenen Robert Kahn (ursprünglich für Oboe und Horn) nach Brahms; der Schotte Alan Richardson verbindet 1973 seine Trio Sonate (ursprünglich für Bassklarinette) immer noch mit einer Zentraltonart. Graham Waterhouse (*1962) bedient sich
in seinen 1995 entstandenen Vier Epitaphen nach Escher wechselnder Zentraltöne, experimentiert mit Skalen und Taktarten – und verbindet die seltenen Klangfarben zu prägnanten, interessanten Gestalten. Ausgesprochen sensibel geht der jüngste Komponist der CD, der amerikanische Fagottist Devon Yasamune Toyotomi (*1991), mit der Besetzung um. Der Titel Lithium Daphnae ist ein Anagramm von „Paul Hindemith“, das Stück ein flirrendes Klangspektakel mit überraschendem Schluss.
Armin Kaumanns

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