Werke von Schoeck, Hindemith, Busch und anderen
Bass Clarinet Essentials
Matthias Höfer (Bassklarinette), Manami Sano (Klavier)
Während sich die Bassklarinette schon seit Meyerbeer, Wagner und Verdi im Opernorchester hören ließ, kam sie kammermusikalisch erst im 20. Jahrhundert zur Geltung – was vor allem den Solisten Josef Horák (Tschechoslowakei) und Harry Sparnaay (Niederlande) zu danken ist. Ab 1955 bzw. 1970 regten sie etliche Komponisten an, Literatur für ihr Instrument zu schaffen. Erst kürzlich inspirierte ein schottischer Klarinettist den bulgarisch-britischen Komponisten Martin Georgiev sogar zu einem Solokonzert für Kontrabass-Klarinette.
Doch auch schon vor 1955 entstanden bemerkenswerte Stücke für Bassklarinette. Matthias Höfer, Solist des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters, hat sie für sich und seine versierte pianistische „Begleiterscheinung“ Manami Sano entdeckt. Ihr berückendes, im Sendesaal Bremen aufgezeichnetes Duo-Recital beginnt mit einer Sonate des Schweizers Othmar Schoeck, zu der ihn Werner Reinhart animierte, ein klarinettenbegeisterter Musikmäzen aus Winterthur. Die ihm gewidmete Sonate für Bassklarinette und Klavier (1927/28) bezeugt die heute kaum mehr beachtete Meisterschaft des Zürcher Komponisten, der vornehmlich als Vokalkomponist in der Nachfolge Hugo Wolfs bekannt wurde.
Der Klarinettenpart beginnt mit dem Hornsignal aus Schönbergs Kammersinfonie op. 9: einer aufsteigenden Quartentreppe, die das Klavier fortschreibt. Im Laufe des Hauptsatzes in Sonatenform wird das markante Motiv kunstreich verarbeitet. Im folgenden Scherzo erweist sich Schoeck als gewitzter Kontrapunktiker, der aus dem Kopfthema eine Fuge entwickelt, die sich im Klavier zur Doppelfuge verdichtet. Das locker gefügte Rondo-Finale spielt mit Ragtime-Anklängen und tonalen Kontrastfeldern.
Paul Hindemith, den es in den 1930er Jahren reizte, „das ganze Blaszeug“ mit Sonaten zu versehen, bearbeitete seine Fagott-Sonate 1960 auf Anregung von Josef Horák für Bassklarinette und Klavier (wie dieser 1994 in einem Radio-Interview berichtet). Höfers überraschendster Fund ist allerdings eine Suite für Bassklarinette solo des berühmten Geigers Adolf Busch aus dem Jahr 1927. Stilistisch verweist sie auf dessen Freund Max Reger, mithin auf beider Vorbild: Johann Sebastian Bach. Alois Hába, der Schönberg das Zwölfton-Primat streitig machte, komponierte gleichfalls eine Suite für Bassklarinette, allerdings mit Klavier.
Höfers entdeckerisches, begeistert und begeisternd vorgetragenes Repertoire enthält überdies eine 1939 in Paris entstandene Ballade des Rompreisträgers Eugène Bozza, eines eleganten Melodikers. Dazu zwei Stücke von Ernst Krenek: ein Prelude, Werner Reinhart 1944 als Geburtstagsgabe aus den USA zugedacht, und eine 1939 unter Pseudonym erschienene Sonate für Unterrichtszwecke. Den feschen Abschluss bildet die Bassklarinetten-Version einer quasi improvisierten Sonatina for Bassoon & Piano (2004) des britischen Jazzmusikers Mike Mower.
Lutz Lesle