Werke von Robert de Visée, Johann Sebastian Bach, Silvius Leopold Weiss und Michel
Baroque
Nils Mönkemeyer (Viola), Andreas Arend (Theorbe/Laute), Dorothee Mields (Sopran), Sara Kim (Viola), Niklas Trüstedt (Violone)
So ungewöhnlich ist es nicht, dass Bratscher auf die Cellosuiten Bachs zurückgreifen. Aber wie Nils Mönkemeyer dies auf seiner CD Baroque tut, das ist dann doch etwas anderes. Schon zu Beginn der Platte, bei einer Suite von Robert de Visée, klingt sein Instrument zart wie eine Gambe, und die Bogenhand ist sehr flexibel für eine äußerst sprechende Artikulation. Dass da ein modern ausgebildeter Musiker ordentlich Nachhilfe erhielt in historischer Aufführungspraxis, ist unverkennbar. Sein Begleiter auf der Theorbe und Laute, der in Rostock lehrende Andreas Arend, ein Schüler unter anderem von Nigel North, wird da möglicherweise einiges dazu beigetragen haben.
Es ist erstaunlich, auf welch hohem Niveau heute diese Auseinandersetzung mit alten Musiziertechniken bei „modernen“ Musikern stattfinden kann.
In Bachs Suite Nr. 5 in c-Moll (die auch in einer Fassung für Laute erhalten ist) kommt Mönkemeyers höchst detailreiche Tongebung sowohl dem tänzerischen Rhythmus als auch der geheimen Polyfonie der Stücke zugute. Dabei wagt Mönkemeyer mutig ein Experiment: Er spielt die Lautenfassung zusammen mit dem Theorbisten und die Cello-Handschrift als Solo-Werk – und er verschränkt beide Suiten miteinander. Soll heißen: Jedem Lautensatz-Duo folgt eine Solo-Variante. Dabei ist die Solo-Fassung noch intimer und feinfühliger interpretiert als das kammermusikalische Zusammenspiel, das eher auf klangliche Wirkung setzt. Auch im Tempo gibt es da Varianten. Die Suite dehnt sich so in ihrer Doppelung auf etwa 50 Minuten aus. Faszinierend ist diese Interpretation dabei in jedem einzelnen Detail. Mönkemeyers Kunst vielfältiger Ausdrucksnuancen zeigt sich wie im Brennglas in der Sarabande, die geradezu minimalistisch nur aus wenigen Noten besteht, die aber um so mehr Intensität im Spiel des Interpreten verlangt.
Neben de Visées erwähnter Suite in F aus der Sammlung Pièces de théorbe et de luth, mises en partition als Ersteinspielung finden sich weitere Stücke von Sylvius Leopold Weiss und Bach für Viola und Laute auf der CD. Als besondere Bonbons aber finden sich hier zwei bewegende Herzgesänge von Michel Lambert (1610-1696), die die Sopranistin Dorothee Mields, begleitet von zwei Bratschen, Violone und Laute, mit großer Sanftmut und einem leichten (bewussten) Beben in der Stimme vorträgt, das dem erregten Schlag des Herzens nahekommt. Bachs Nun komm, der Heiden Heiland in einer Fassung für Viola und Laute schließt dies wundervolle CD ab.
Matthias Roth