Peter Hundert

Backstage Elbphilharmonie

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Koehler Books, Hamburg
erschienen in: das Orchester 12/2019 , Seite 58

Es war ein Projekt der Superlative: die Elbphilharmonie in Hamburg. Ihre imposante Höhe von über einhundert Metern, ihr außergewöhnlicher Standort auf einem ehemaligen Hafenspeicher in unmittelbarer Nähe zur Elbe und nicht zuletzt die immensen finanziellen Investitionen in oberer dreistelliger Millionenhöhe stehen hierbei Pate für ein Jahrhundertprojekt, welches gerade aufgrund des letzteren Aspekts angesichts exorbitanter Kostensteigerungen auch vielfach im Zentrum öffentlicher Kritik gestanden hat.
Die Elbphilharmonie offenbart signifikante Unterschiede zu der Philosophie, die den großen Konzertsaalbauten im 19. Jahrhundert zugrunde lag, als sich das öffentliche Musikleben mehr und mehr etablierte. Waren diese doch darauf gerichtet, ausschließlich der Musik als Kunst zu dienen. Die Architektur machte meist durch Bezugnahmen auf antike Elemente der Idee eines Musentempels alle Ehre.
Die Elbphilharmonie mit futuristischer Fassade nebst Beleuchtungseffekten hat hingegen die Ausstrahlung eines technischen Wunderwerks. Mit einem integrierten Luxushotel steht sie zugleich für die vielfach zu beobachtende Verknüpfung von Hochkultur und Business, sodass dem Bauwerk voll und ganz der Zeitgeist des 21. Jahrhunderts innewohnt.
Unter großem Interesse der Öffentlichkeit erfolgte schließlich fast zwei Jahrzehnte nach Vorstellung der ersten Idee und nach gut zehn Jahren Planungs- und Bauzeit im Januar 2017 die offizielle Eröffnung. Dabei übt die Aura des Bauwerks eine ausgesprochene Faszination aus – auch auf den Fotografen Peter Hundert, der seine Pläne, ein Konzerthaus zu porträtieren, mit der Elbphilharmonie in die Tat umsetzt.
Nach einem knappen Vorwort des Fotografen folgen über 250 Seiten Impressionen, welche nur vereinzelt durch Zitate der Protagonisten begleitet werden. Beschreibungen finden sich erst im Glossar, sodass zunächst ausschließlich die Bilder zum Betrachter sprechen. Das große Format des Bandes garantiert eine Bildgröße, welche alle Akzente bis ins Detail erkennen lässt.
Dabei fängt Hundert nicht nur die Aura des Gebäudes ein, sondern füllt diese in gleichem Zuge mit Leben, indem er auch Künstler wie Michael Barenboim, András Schiff oder Herbert Blomstedt durch die Bilder zum Betrachter sprechen lässt. Nach Aussage des Fotografen wurden manche Motive vorbereitet und geplant, andere wiederum haben sich spontan ergeben, sodass insoweit eine lebendige Mischung gegeben ist.
Ebenso bietet der Band unter verschiedenen Perspektiven spannende Einblicke in den Konzertbetrieb. Dabei zu sehen sind auch vielfältige Perspektiven, die selbst dem geneigten Konzertbesucher in der Regel verborgen bleiben: Die Technik des Hauses bis hin zur Reinigung der Räumlichkeiten hat Hundert festgehalten und in dem Bildband zu einer facettenreichen Komposition zusammengestellt, die von ihm als „kaleidoskopischer Blick auf die Helden dieses Orts“ beschrieben wird. Der umfangreiche Bildband ermöglicht somit ganz im Sinne des Titels Backstage Elbphilharmonie einen umfassenden Blick hinter die Kulissen des aktuell sicherlich modernsten Konzerthauses Europas.
Bernd Wladika