Johann Sebastian Bach
Bach reconstructed
Neubrandenburgische Konzerte Nr. 1-3, bearb. von Christoph Harer, La festa musicale
Kann es zu viel Bach geben? Unmöglich! Christoph Harer nimmt das als Motivation, um aus bereits vorhandenen Kompositionen des großen Thomaskantors neue Werke zu arrangieren. Neu zumeist in der Satzzusammenstellung, neu vor allem aber in der Besetzung sind die drei Neubrandenburgischen Konzerte dieser Aufnahme. Dabei hat Christoph Harer keine Rekonstruktionen vorgenommen, wie der CD-Titel fälschlicherweise nahelegt, sondern im Geiste der Brandenburgischen Konzerte mit neuen Besetzungen experimentiert und dabei auf Kantatensätze, Cembalostücke, Lieder und sogar ein ganzes dreisätziges Konzert von Johann Sebastian Bach zurückgegriffen.
Dieses Konzert für drei Cembali BWV 1064 erfährt dann auch die überzeugendste Transformation. In Anlehnung an das dritte der Brandenburgischen Konzerte wählt Harer hier eine Streicher- und Generalbassbesetzung, die sich allerdings in der Gruppierung der jeweils drei Violinen, Bratschen und Celli von der Klangvorlage entfernt und die drei Cembalostimmen jeweils einem Streichtrio zuordnet. Das gelingt so überzeugend, dass man fast vermuten möchte, eine Version von Bachs Hand zu hören, der ja in reichem Maß eigene Werke bearbeitet hat. Hinzu kommt das vortrefflich transparente Spiel des von der Konzertmeisterin Anne Marie Harer geleiteten Ensembles La festa musicale.
Instrumental noch deutlich bunter sind die beiden anderen Neubrandenburgischen Konzerte, allerdings scheint die musikalische Geschlossenheit hier etwas hinter der des Konzerts für drei Streichtrios zurückzubleiben. Das mag an der Satzanzahl (vier beziehungsweise fünf), der Länge oder der Einbeziehung von Tanz- und Variationssätzen liegen, die eher auf die Blaupause einer Orchestersuite passen würden. Vielleicht ist das aber auch der Tatsache geschuldet, dass der eine oder andere Satz (zum Beispiel aus dem Weihnachtsoratorium oder dem „Italienischen Konzert“) einfach zu gut bekannt ist. Klanglich können beide Werke punkten: Mit Soloinstrumenten wie Blockflöte, Flöte, Oboe, Fagott und Laute sowie einer von Bach selbst sehr selten eingesetzten skordierten Violine überzeugt Christoph Harer. Auch wenn keine der gewählten Kombinationen so in Bachs Originalwerken vorkommt, hört sich doch alles nach Einfällen an, die auch Bach hätte haben können.
Genauso farbig wie die Instrumentierung der Neubrandenburgischen Konzerte ist das Spiel des Ensembles La festa musicale. Die Soli sind virtuos und klangschön, das Zusammenspiel ist überaus präzise und die Balance zwischen den einzelnen Instrumentengruppen stimmt durchgehend. Ein wenig „Attacke“ hätte man sich im einen oder anderen schnellen Satz noch gewünscht, doch trägt das glasklare Spiel von La festa musicale diese drei Konzerte absolut sicher ins Ziel.
Daniel Knödler