Werke von Mozart, Händel, Kabalevsky und Monti

B-Side

Camerata Alma Viva

Rubrik: CDs
Verlag/Label: NoMadMusic
erschienen in: das Orchester 03/2020 , Seite 67

Dass sich die 2009 in Genf gegründete Camerata Alma Viva in jüngster Zeit durch allerlei pfiffige Konzertprojekte die Gunst von Kritikern und Zuschauern erobern konnte, ist erfreulich und spricht für das Ensemble – fungiert doch die spezifische Art des Zugangs zur Live-Performance heute stärker denn je als musikalisches Alleinstellungsmerkmal. Was im Konzertsaal bei einer Gegenüberstellung divergierender Musikstile gelingt, kann allerdings, wie die vorliegende CD belegt, wirkungslos verpuffen, wenn man versäumt, das Programm mit einem mediengerechten musikalischen Konzept zu versehen.
Im Mittelpunkt der Produktion stehen Wolfgang Amadeus Mozarts dreisätzige Divertimenti KV 136, 137 und 138 aus dem Jahr 1772: Die drei Werke erklingen hier, einer relativ massiven 16-köpfigen Besetzung anvertraut, in energiegeladener Wiedergabe, geprägt von präzisem und temporeichem Vortrag sowie versehen mit allerlei dynamisch ausgefeilten Volten. Dass das Ensemble auf eine Wiedergabe voller theatraler Momente setzt, ist generell zu begrüßen, auch wenn manche klangfarbliche Variante allzu offensichtlich eher des Effekts als der musikalischen Logik halber eingesetzt wird. Was zunächst vielversprechend beginnt, verliert alledings rasch an Wirksamkeit, weil die Divertimenti in Aufbau und musikalischem Ausdruck einander so ähnlich sind, dass das Gehörte in der Aufeinanderfolge der drei Kompositionen zu verschwimmen beginnt.
Der initialen Mozart-Ballung stellt die nur 47 Minuten Spielzeit umfassende Produktion, getrennt durch einen improvisierten „Wall of Sound“ von 25 Sekunden Dauer, drei kurze Arrangements gegenüber, die das Ensemblemitglied Éric Mouret von mehr oder weniger bekannten Titeln angefertigt hat: Gegenstand der ersten Bearbeitung ist die Passacaglia aus Georg Friedrich Händels Cembalosuite g-Moll, die – den bekannten Variationen für Violine und Viola von Johan Halvorsens entsprechend – nun zu einer kurzen orchestralen Variationenfolge geformt wird. Es folgen noch ein Arrangement des Walzers aus Dmitri Kabalveskys Suite Die Komödianten sowie eine durch kontrapunktische und parallel geführte Stimmen angereicherte Version von Vittorio Montis Zugabestück Czardas.
Auch wenn die Camerata Alma Viva anhand der beiden zuletzt genannten Nummern belegt, dass sie auch im süffigen Streicherklang differenziert agiert, vermögen weder Zusammenstellung noch Anordnung der Titel zu überzeugen: Der Gedanke, analog zum Modell von Vinyl-Singles einer an Höhepunkten reichen A-Seite eine leichtgewichtigere B-Seite gegenüberzustellen, ist aufgrund seiner Harmlosigkeit kaum der Rede wert und hilft nicht im Geringsten dabei, die Bearbeitungen mit den Mozart’schen Stücken in Verbindung zu bringen.
Als Best-of-Bonbon für Liebhaber des Ensembles mag das Ergebnis genügen; als ernst zu nehmende und konzeptionell ausgereifte Produktion für den immer enger werdenden Klassikmarkt eignet sie sich jedoch trotz des hohen Musizierniveaus nicht.
Stefan Drees