Knava, Irene

Audiencing II

Kultureller Mehrwert statt Skandal. Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Facultas, Wien 2014
erschienen in: das Orchester 03/2015 , Seite 69

Das im Jahr 2009 erschienene Buch von Irene Knava mit dem Titel Audiencing war eine Offenbarung. Als echtes Arbeitsbuch für Leitungspersonal mit Fragen und Checklisten stellte es in einem neuen Denkansatz die absolute Besucherorientierung von Kulturbetrieben in den Mittelpunkt.
Um es vorweg zu nehmen: Auch das neue Buch ist auf jeden Fall sein Geld wert und gehört unbedingt in die Hände all derjenigen, die in Kulturbetrieben – nicht nur Theatern und Orchestern – Führungsverantwortung tragen. Warum sollen Kulturbetriebe überhaupt noch öffentlich finanziert werden? Nur weil das immer schon so war? Wie besteht man besser in der allgemein härter werdenden Legitimationsdebatte? Irene Knava gibt darauf viele Antworten und schlägt anhand zahlreicher Praxisbeispiele gute Lösungsansätze vor.
Nach einer kurzen Einleitung beschreibt die Autorin suboptimale Serviceerlebnisse eines Museumsbesuchs, um daraus beispielhaft die Wichtigkeit und Bedeutung des Einlass-, Kassen- und Garderobenpersonals für die Servicequalität eines Kulturbetriebs deutlich zu machen. Sodann werden Qualitätsmanagement-Modelle aus der Betriebswirtschaftslehre wie die ISO Norm 9001 und die Balanced Scorecard erläutert und auf Kulturbetriebe adaptiert. Der Blick auf die Londoner Tate Modern zeigt, wie Kundenfreundlichkeit in der Praxis aussehen kann. Wichtige Erkenntnis: „Der Servicegrad steigt mit dem Eigendeckungsgrad“ – will sagen: Je höher die Eigeneinnahmen, desto besser muss der Service sein und umgekehrt.
In einem mit „Change 1“ überschriebenen Abschnitt beschreibt Knava die erforderliche Veränderung der Kulturbetriebe von Experten-Organisationen zu besucher-zentrierten Organisationen. Wiederum ausgehend vom Museumsbereich und unterlegt mit eigenen Praxiserfahrungen werden verschiedene Besuchertypen und -erwartungen und Fragen der Identitäts- und Sinnstiftung durch einen Museums- oder Theaterbesuch behandelt. Im Abschnitt „Change 2“ geht es um die Veränderung von Kultur-Betrieben zu Kulturunternehmen. Knava erörtert diverse (Finanz-) Skandale der jüngeren Vergangenheit vom Wiener Burgtheater über die Salzburger Osterfestspiele bis zum Schauspielhaus Düsseldorf, die allesamt Schwachstellen in der wirtschaftlichen Führung und Kontrolle dieser Betriebe zu Tage treten ließen. Mit der Kameralistik, also dem alten öffentlichen Haushaltsrecht, seien Kulturbetriebe heute nicht mehr angemessen zu führen. Eine Ausgliederung des Kulturbetriebs – bei allen Problemen – oder zumindest die Einführung einer kaufmännischen Buchführung könnten hier angemessene Reaktionen sein.
Im Abschnitt „Best Practice“ erläutert Knava die Vor- und Nachteile von Qualitätsmanagement in Kulturbetrieben und die Schaffung der dafür erforderlichen internen Strukturen. Unter der Überschrift „Das perfekte Kulturerlebnis schaffen“ fasst die Autorin wesentliche Erkenntnisse ihres Buches noch einmal zusammen. Zahlreiche Grafiken, Abbildungen, Zitate, Tipps und Infokästen machen das Buch sehr informativ und angenehm nutzbar. Empfehlung: unbedingt lesen!
Gerald Mertens